Die Bezahlkarte greift massiv in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen ein.
Das schränkt den Alltag der Menschen enorm ein: Die Raten für den Rechtsbeistand, Geld für die Klassenfahrt oder die Möglichkeit, Dinge günstig auf dem Flohmarkt zu kaufen – all das sind Beispiele für Dinge, die nicht mehr möglich sein werden.
Asylsuchende werden einmal mehr als Menschen zweiter Klasse behandelt. Das Asylbewerberleistungsgesetz - unter das neuerdings auch die Bezahlkarte fällt - ist bereits zutiefst diskriminierend, da es u.a. besagt, dass es eine Gruppe von Menschen in Deutschland gibt, die scheinbar nicht würdig sind, das hier geltende Existenzminimum zu erhalten.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil bereits 2012 festgestellt, dass die Menschenwürde nicht für migrationspolitische Zwecke relativiert werden darf. [2] Aber genau das passiert gerade massiv. Die Bezahlkarte ist eine Weiterführung dieser verfassungswidrigen Praxis.
Außerdem hat die Landesantidiskriminierungsstelle bestätigt, was wir vorher offiziell beanstandet haben: Die Einführung der Bezahlkarte verstößt gegen das Landesantidiskriminierungsgesetz. Auch die letzte vom Senat vorgelegte Version der Bezahlkarte darf laut Ombudsstelle damit nicht eingeführt werden - da Berlin sonst gegen seine eigenen Gesetze verstößt. Wir - der Flüchtlingsrat Berlin e.V. - werden hier im Notfall auch rechtlich vorgehen. [3]
Menschen, die von nun an gezwungen werden sollen, die Bezahlkarte zu erhalten, müssen ständig im öffentlichen Raum ihren Aufenthaltsstatus darlegen. Auch gibt es aus Bayern erste Berichte, dass die Bargeldbegrenzung für geflüchtete Kinder bereits jetzt Probleme birgt im schulischen Alltag. Aus Sachsen hörten wir drohenden Wohnungsverlust und Kündigungen von Mitgliedschaften von Sportvereinen, da der Beitrag nicht mehr überwiesen oder Bar gezahlt werden konnte. Daran sehen wir: die so genannte Bezahlkarte ist nur ein weiteres Mittel, geflüchtete Menschen zu marginalisieren und auszugrenzen!
Es gibt Alternativen zur Bezahlkarte. Bargeld allein ist sicher nicht das Nonplusultra. Es ist für alle Beteiligten von Vorteil, wenn das monatliche Schlangestehen für die Auszahlung der Leistungen vermieden wird und eine Wahlfreiheit zwischen digitaler und barer Bezahlung gegeben ist.
Asylsuchende haben einen Anspruch auf den Abschluss eines Basiskontovertrags. Solch ein Konto hat den Vorteil, dass Empfänger*innen von Leistungen genauso wie alle anderen Menschen selbstbestimmt über ihr Geld entscheiden können und dass Sozialbehörden entlastet werden, da sie die Leistungen einfach auf das Konto überweisen können. Mit dieser Praxis hat Berlin bereits positive Erfahrungen gemacht. 2015 hat die Sparkasse zwei Kundencenter speziell für Geflüchtete eröffnet. Leider wurde dieses spezialisierte Beratungssystem eingestellt.
Berlin darf sich nicht an der Einführung der Bezahlkarte beteiligen. In Berlin gibt es keinen Platz für Stigmatisierung und Entrechtung geflüchteter Menschen!
Quellen: