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An: Wolfgang Schäuble (Präsident des Deutschen Bundestags), Frank-Walter Steinmeier (Bundespräsident) und alle Mitglieder des Deutschen Bundestags

Wertstufendemokratie: Für die innere Synthese von direkter und parlamentarischer Demokratie

Die Parteien in ihrer jetzigen Form sind selbst das größte Hindernis für eine lebendige und leistungsfähige Demokratie. Eine solche ist aber kein Luxus, sondern lebensnotwendig für eine Lösung der vielen anstehenden Probleme, auch als glaubwürdiges Gegengewicht zum weltweit rasant um sich greifenden Autoritarismus. Die Parteien des Bundestags können sich derzeit – aus purem Macht-Egoismus – nicht einmal auf dessen gebotene Verkleinerung einigen!

Wir sehen den entscheidenden Ausweg und Fortschritt in einer systemlogisch begründeten Sach-Gliederung des Parlaments: vier Herzkammern des Bundestags. Während die jetzigen Allround-Parteien die unterschiedlichsten Themen unsachlich bündeln und dadurch die Wähler*innen regelmäßig in Dilemmas stürzen (wen wählen, wenn die eine Partei etwa in ökologischer, doch die andere in außenpolitischer Hinsicht fähiger scheint?), würden aus einem grundlegend veränderten Wahlrecht Sach- oder Kompetenzparteien hervorgehen. Der jetzige undurchschaubare Lobbyismus – eine strukturelle Korruption! – würde zu einer transparenten, legitimen Interessenvertretung bei den verantwortlichen, gewählten Volksvertretern für die großen Sach- und Wertbereiche:

1. Sachparteien für die Wirtschaftskammer, die eine echte Wirtschaftsdemokratie gewährleistet, eine endlich dem Gemeinwohl dienende wie klimagerechte Wirtschaft, was schon allein eine Weltneuheit wäre. Die tatsächliche Abhängigkeit der sonst alles beherrschenden „freien“ Wirtschaft vom Gemeinschaftsganzen wurde in der Corona-Krise offensichtlich.

2. Sachparteien für die im engeren Sinne politische Kammer: für Bodeneigentum und Verkehr, Rechts- oder Innenpolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, Verfassungsentwicklung.

3. Sachparteien für die Kulturkammer: Schule, Wissenschaft, freie Publizistik/Medien, Kunst. Kultur bleibt nicht länger Nebensache eines Wirtschaftsstaates. Auch die Migrationspolitik ist heute weniger eine Wirtschafts- als vielmehr eine Kultur- und Grundwertefrage und müsste als solche unverfälscht diskutiert werden. Die Kulturkammer könnte zugleich die Ländervertretung und an die Stelle des bisherigen Bundesrats treten, der bisher den Allround-Parteien nur eine weitere Spielwiese bietet.

4. Sachparteien für die Grundwertekammer: für ein rechtlich faires Miteinander der Weltanschauungen, ethischen Positionen, Religionen und spirituellen Gruppen, was derzeit – bei verdeckter Weiterwirkung des einstigen Hitler-Konkordates und noch älterer Privilegien der Kirchen – keineswegs gewährleistet ist. (Vgl. z.B. „Staatsleistungen“ an die Kirchen wegen der Säkularisierung zur Zeit Napoleons, deren Einstellung schon in der Weimarer Verfassung zur Aufgabe gemacht, doch bis heute nicht durchgeführt wurde; ferner die Existenz von Theologischen Fakultäten, die eher einer konfessionellen Glaubensverkündigung als der Religionswissenschaft dienen. Und vieles mehr, vom schulischen Religions- und Ethikunterricht angefangen, was offen und fair diskutiert werden muss.) Statt eines von den Allround-Parteien und den Großkirchen beschickten zusätzlichen „Ethikrates“ (wie derzeit) braucht es für die vielen sozialethischen Fragen von öffentlicher Bedeutung, nicht zuletzt für die Belange der Tiere und der Natur (Klima!), eine kontinuierliche, zeitangepasste, praktisch greifende Gesetzgebung – und zwar gerade im Grundwerte-Bereich durch kompetente, direkt gewählte Vertrauensleute der Bevölkerung. Grundwerte-Positionen in Weltanschauung, Ethik, Religion und Spiritualität sind sensible Angelegenheiten der individuellen Freiheit und deren gemeinsamer, sozialer Gestaltung in einer weiter entwickelten Demokratie.

Nur bereichsspezifisch gewählte Expert*innen im Sinne von Vertrauensleuten der Bevölkerung können auch Krisen wie die gegenwärtige Pandemie sowie die Ursachen und Folgen des Klimawandels sachgerecht und schnell managen.

Die praktische Forderung lautet zusammengefasst:

Jährliche Kompetenzwahl (Wahlfeiertag) zu jeweils einer der Kammern! Jede bereichsbezogene Wahl ist zugleich eine Sachabstimmung, indem kompetente Vertrauensleute zur Wahl stehen, die sich zu Sachparteien zusammenschließen können. Wahlrechtliche Unterbindung der jetzigen Parteikartelle. Denn Demokratie heißt nicht allein Mehrheitsprinzip (1), sondern gleichermaßen transparente Vertrauensdelegation (2), parlamentarische Beratung der fachkundigen Vertrauensleute (3), ferner gestufte Wertrealisierung (4) durch legislative Vorrangregelung von den Grundwerten (von 4 bis 1) her. „Werte“ bleiben so kein bloßer ideologischer Überbau. Der hierarchische Vorrang der oberen Ebenen wird durch mehrere Lesungen im Parlament durch ein zirkuläres Prinzip ausbalanciert: Jede Ebene ist relativ eigenständig und wichtig bei der Gesetzgebung.

Warum ist das wichtig?

Gegenfrage: Gibt es ein wichtigeres politisches Anliegen als das einer voll funktionsfähigen Demokratie, von der alle weitere Politik abhängt?

Die Wertstufendemokratie stellt die innere Synthese von direkter und repräsentativer Demokratie dar: Die Personalwahlen auf allen Ebenen (Kommunen, Länder, Bund, Europa) werden zugleich zu bereichsspezifischen Sach-Abstimmungen. Dabei keine weitere Aufblähung des Bundestages, sondern im Gegenteil eine Verkleinerung mit effizient arbeitenden Teilparlamenten. Mit der Erststimme für die Sach-Partei, der Zweitstimme für die direkte Platzierung von Kandidat*innen auf deren Parteiliste wäre zugleich das Problem der Überhangmandate gelöst. Zu Volksabstimmungen: Diese allein stellen nicht die Lösung des Demokratieproblems dar. Doch könnte die Wertstufendemokratie mit nur einer einzigen verwirklicht werden!

Ausblick auf Europa und die Welt:

Das Konzept der parlamentarischen Viergliederung ist auf Europa sowie auf einen globalen Parlamentarismus bei der UNO nicht nur übertragbar, sondern geradezu lebensnotwendig. Für Europa: Nichts spricht gegen ein Mehr an europäischer Integration durch dringend notwendige Mehrheitsentscheidungen in allen Bereichen, sofern diese umfangsmäßige (regionale) Integration mit struktureller Differenzierung verbunden ist:

• ein im Hinblick auf Steuer- und Sozialgesetzgebung viel stärker geeintes und solidarischeres Wirtschaftseuropa,
• unterschieden von einem handlungsfähigen politischen Europa,
• unterschieden vom Europa der einmaligen kulturellen (nationalen) Vielfalt,
• dieses nochmals unterschieden von einer europäischen Wertegemeinschaft, welche die humanen, universalen Grundwerte weder mit den traditionellen Religionen noch mit den nationalen Traditionen gleichsetzt.

Erst diese Differenzierung ermöglicht europaweit Sachparteien neuen Stils, dadurch direkte europäische Wahlen und ein gesamteuropäisches Bewusstsein – ohne die nationale Vielfalt sowie das Prinzip der Subsidiarität (der größtmöglichen Selbstregulierung der umfangsmäßig untergeordneten Gemeinwesen) zu beeinträchtigen. Ohne diese Integration bei Differenzierung der nationalen und regionalen Einheiten kann es keine befriedigende europäische Integration geben.

Grundlagenliteratur von Johannes Heinrichs:
• Revolution der Demokratie, 12003, 22014 (354 S. – hierin ein maßvoller Vorschlag zur Verfassungsänderung gemäß Art. 146 GG);
• Demokratiemanifest für die schweigende Mehrheit 2005 (119 S.);
• Geht Demokratie auch anders? Um eine nicht-kapitalistische Synthese von direkter und parlamentarischer Demokratie, Helle Panke e.V. (44 S.);
• Die Logik des europäischen Traums. Eine systemtheoretische Vision, 2014 ( 225 S.). Stichworte im Internet: Viergliederung/ Wertstufendemokratie.

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