10,000 Unterschriften erreicht
An: Regierender Bürgermeister von Berlin: Kai Wegner; Senator für Finanzen: Stefan Evers; Senator für Stadtentwicklung, Bauen & Wohnen: Christian Gaebler; Senatorin für Inneres & Sport: Iris Spranger; Senatsbaudirektorin: Petra Kahlfeldt
Kein Abriss des Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions!
Das Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion in Berlin soll abgerissen werden. Damit würde ein einzigartiges Denkmal der Ostmoderne zerstört.
Außerdem würde der Neubau enorme Ressourcen verschlingen und mindestens 170 Bäume müssten gefällt werden. Eine Katastrophe aus Umwelt- und Klimaschutz-Perspektive. Und: Es ist nicht einmal sichergestellt, ob das Geld für den Neubau reichen wird.
Wir fordern den Berliner Senat darum auf, die Abrisspläne sofort zu stoppen und stattdessen eine Sanierung des Stadions durchzuführen. Für mehr Nachhaltigkeit und den Erhalt dieses historischen Ortes!
Warum ist das wichtig?
1. Das Stadion ist ein wichtiges, denkmalwürdiges Zeugnis der Ostmoderne:
1951 von dem Bauhaus-Absolventen Rudolf Ortner für die III. Weltjugendfestspiele mithilfe von Trümmerschutt in den Park hineinmodelliert, wurde das Stadion 1987, zur 750 Jahr-Feier Berlins mit einer Tribüne nach Entwurf der tschechischen Architekten Fišarová / Ondrej ergänzt. Die Anlage repräsentiert also mit ihren beiden Bestandteilen, den Rängen wie der Tribüne, in baulicher Gestalt Anfang und Ende der DDR (1).
1951 von dem Bauhaus-Absolventen Rudolf Ortner für die III. Weltjugendfestspiele mithilfe von Trümmerschutt in den Park hineinmodelliert, wurde das Stadion 1987, zur 750 Jahr-Feier Berlins mit einer Tribüne nach Entwurf der tschechischen Architekten Fišarová / Ondrej ergänzt. Die Anlage repräsentiert also mit ihren beiden Bestandteilen, den Rängen wie der Tribüne, in baulicher Gestalt Anfang und Ende der DDR (1).
Mit ihrem dynamisch ausgeformten roten Dach, dem schwebenden Quader des Baukörpers und der Vorhangfassade mit ihren leuchtend rot beschichteten Gläsern verkörpert die Tribüne - obwohl zu einer Zeit entstanden, in der die DDR die Postmoderne für sich entdeckte - viele Qualitäten der internationalen Nachkriegsarchitektur, die heute deutlich höher geschätzt werden, als dies zur Entstehungszeit 1987 vielleicht der Fall war. Sie steht für eine Spielart der DDR-Architektur jenseits von Beton und Vorfertigung, für die es in Berlin nur noch wenige Zeugnisse gibt.
Ein Abriss des Jahn-Stadions würde die Vernichtung eines authentischen Denkmals bedeuten. Das wäre aber nicht nur aus architekturgeschichtlicher Perspektive ein Verlust, sondern würde die historische Bedeutung des Ortes direkt an der 'Hinterlandmauer' auslöschen.
2. "Abriss und Neubau", wie jetzt geplant, sind, zusammen mit den zugehörigen umfangreichen Baumfällungen (mehr als 170 Bäume sollen fallen) zerstörerische, Ressourcen verschwendende Eingriffe, die wir uns angesichts der Klimakrise nicht mehr leisten können (2).
Die Fakten sind bekannt; jetzt ist es an der Politik, nicht wider besseres Wissen zu handeln. Die Senatsbaudirektorin hat selbst zugegeben, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis der Baumbestand des Sportparks sich wieder erholt haben wird (3).
Die Fakten sind bekannt; jetzt ist es an der Politik, nicht wider besseres Wissen zu handeln. Die Senatsbaudirektorin hat selbst zugegeben, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis der Baumbestand des Sportparks sich wieder erholt haben wird (3).
3. Das Jahn-Stadion kann saniert werden, um die Ziele zu erreichen, die mit dem Neubau angestrebt werden:
Der Neubau soll dieselbe Anzahl von Sitzplätzen (20.000) bieten, wie sie das bestehende Stadion bot und auch wieder bieten kann, wenn im Rahmen einer Sanierung die Fluchtwege wieder für die volle Kapazität sichergestellt werden. Auch im Neubau wird es nach Westen ausgerichtete Plätze geben - was wohl als Nachteil gesehen wird - wie im Bestandsgebäude. Der Neubau bringt also gegenüber der Sanierung keine funktionalen Vorteile (4).
Der Neubau soll dieselbe Anzahl von Sitzplätzen (20.000) bieten, wie sie das bestehende Stadion bot und auch wieder bieten kann, wenn im Rahmen einer Sanierung die Fluchtwege wieder für die volle Kapazität sichergestellt werden. Auch im Neubau wird es nach Westen ausgerichtete Plätze geben - was wohl als Nachteil gesehen wird - wie im Bestandsgebäude. Der Neubau bringt also gegenüber der Sanierung keine funktionalen Vorteile (4).
Ja, es besteht mittelfristig Bedarf, Funktionseinschränkungen des jetzigen Stadions zu beheben und es in diesem Zug auch völlig barrierefrei zu machen. Aber warum kann Berlin hier nicht zeigen, wie man intelligent im Sinne einer Reparatur mit dem Gebäudebestand haushalten kann? Genau die Orte, für die Berlin international bekannt ist, sind doch die, wo sich die Brüche der Geschichte zeigen, und nicht die, wo sie behübscht, geglättet, ausradiert wurden.
4. Berlin kann sich dieses Projekt nicht leisten: Angesichts der klammen Haushaltslage der Stadt bestehen zwei Risiken: Nämlich, dass entweder sehr viel Geld an der falschen Stelle ausgegeben wird, oder dass das Vorhaben auf halber Strecke scheitert.
Nicht nur bei zahlreichen Fachleuten, sondern auch bei vielen Abgeordneten gibt es ernsthafte Bedenken, ob dem Abriss in absehbarer Zeit ein Neubau folgen würde (5). Es besteht das reale Risiko, dass dem jetzigen Zustand eingeschränkter Nutzung ein jahrelanger völliger Ausfall der Sportinfrastruktur folgen könnte - durch Abriss und infolge Finanzknappheit deutlich zeitverzögerten oder gar ganz entfallenden Neubau.
Die jüngst mitgeteilten Kostensteigerungen (6) um 70% deuten auf eine äußerst schwierige Entwicklung für den Fall hin, dass an dem Vorhaben festgehalten wird: Die nicht ausreichend fundierten und deshalb nicht überzeugenden Argumente für Abriss und Neubau führen jetzt schon dazu, dass große Teile der Anwohnerschaft und der Stadtgesellschaft das Projekt mit großer Skepsis betrachten und ablehnen.
Dieser mangelnde Rückhalt für das Projekt kann in der Kombination von knapper werdenden Mitteln und steigenden Kosten zu einer gesellschaftlichen Zerreißprobe führen.
Auch deshalb unser dringender Appell: Stoppen Sie jetzt den geplanten Abriss des Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions und ertüchtigen Sie es aus dem Bestand heraus!
Erstunterzeichnende:
Prof. Friedrich Tuczek, Architekt
Jenny Erpenbeck, Schriftstellerin
Theresa Keilhacker, Präsidentin der Architektenkammer Berlin
Julia Dahlhaus, Vorsitzende BDA (Bund deutscher Architektinnen und Architekten) Berlin
Julia Dahlhaus, Vorsitzende BDA (Bund deutscher Architektinnen und Architekten) Berlin
Jean-Philippe Vassal, Architekt und Pritzker-Preisträger
Prof. Dr. Adrian von Buttlar, Kunsthistoriker
Prof. Dr. Adrian von Buttlar, Kunsthistoriker
Dr. Thomas Flierl, Architekturhistoriker und Mitglied der Akademie der Künste
Prof. Eike Roswag, Architekt
Martin Maleschka, Fotograf, Institut für Ostmoderne e.v., aktueller Preisträger des deutschen Denkmalschutzpreises - Silberne Halbkugel
Prof. Dr. h.c. Wilfried Wang, Architekt, CICA Präsident
Martin Maleschka, Fotograf, Institut für Ostmoderne e.v., aktueller Preisträger des deutschen Denkmalschutzpreises - Silberne Halbkugel
Prof. Dr. h.c. Wilfried Wang, Architekt, CICA Präsident
Quellen:
1 Frank Peter Jäger: Die unwertbaren Jahre, bauwelt 21.2020, S. 38-41
2 Berlin Plattform > Jahnsportpark: https://berlin-plattform.de/category/orte/jahnsportpark/
3 Tagesspiegel 10.07.2024: Geplanter Kahlschlag am Jahn-Stadion: Baumbestand wird sich erst in „einigen Jahrzehnten“ erholen
4 Bürgerinitiative Jahnsportpark: Forderungen: https://www.jahnsportpark.de/forderungen/
5 Tagesspiegel 03.07.2024: „Bauruine“ am Jahn-Stadion befürchtet
6 Tagesspiegel 10.06.2024: 182 Millionen Euro für Berliner Jahn-Sportpark: Warum liefen die Kosten des Großprojekts aus dem Ruder? und 13.06.2024: Trotz Kostenexplosion und Haushaltskrise: Berlin beschließt Abriss und Neubau des Jahn-Stadions