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An: die Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Klimaschutz, Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft und Umwelt

Nachhaltige Mehrwertsteuer-Reform - ökologische Wende für Nahrung, Kleidung, Verkehr und Energie

Bitte reformieren Sie die Mehrwertsteuer, indem Sie sie an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten. Setzen Sie die im Februar 2022 vom EU-Parlament ermöglichte Mehrwertsteuerermäßigung für ökologisch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen um und treten Sie europaweit dafür ein!
Dadurch sollen beispielsweise in den Bereichen Ernährung, Bekleidung, Verkehr sowie bei Haushaltsgeräten die ökologischen Folgekosten berücksichtigt und nachhaltige Produkte weniger belastet werden. Außerdem soll dadurch ein dauerhaft wirksames Instrument für besseren Tierschutz und faire Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

Nähere Ausführungen und Begründungen für diese Reform, die eine CO2-Besteuerung sinnvoll ergänzt, finden Sie unten.

Mit bestem Dank und Gruß
Frithjof Rittberger

Warum ist das wichtig?

1. Steuerentlastung für pflanzliche Lebensmittel und Biolebensmittel wegen ihrer geringeren Umweltkosten im Vergleich zu Tierprodukten und konventioneller Erzeugung

Eine ökologische Umsatzsteuerreform sieht für ökologisch nachhaltige, nach jeweils strengen Kriterien zertifizierte Produkte den verminderten Steuersatz von derzeit 7% vor. Dies stärkt den Markt und auch den internationalen Wettbewerb um nachhaltige Erzeugung und Dienstleistungen im Bereich Nahrung, Kleidung, Energie und Verkehr. Konventionelle Produkte, Verfahren und Dienstleistungen werden mit dem normalen Steuersatz von derzeit 19% belegt. Diese Steuerreform verringert auch den Preisabstand von konventionellen Billigprodukten zu biologisch erzeugten, insbesondere im Lebensmittelhandel. Um die hohen Umwelt- und Klimafolgekosten tierischer Lebensmittel insbesondere bei konventioneller Aufzucht langfristig wirksam zu senken, ist für Lebensmittel ein dreistufiger Steuersatz vorgesehen, der seit den Reformvorschlägen der EU-Kommission von 2018 und den Beschlüssen im EU-Parlament von 2022 möglich ist:

0% MwSt: Nahrungsmittel aus zertifiziert biologischer Erzeugung (ohne Tierprodukte)

7% MwSt: Nahrungsmittel aus konventioneller Erzeugung (ohne Tierprodukte) sowie Tierprodukte aus zertifiziert biologischer Erzeugung

19% MwSt: Tierprodukte aus konventioneller Erzeugung

Gemäß den Beschlüssen des EU-Parlaments von 2022 ist der ermäßigte Mehrwertsteuersatz ab 2030 nicht mehr auf Produkte anzuwenden, die Klima, Umwelt oder Gesundheit belasten. Deshalb sollen ab dem Jahr 2030 von außerhalb der EU importierte Biolebensmittel zusätzlich eine anerkannte Zertifizierung des Fairen Handels aufweisen, um die für Biolebensmittel vorgesehene Steuerentlastung bzw. -befreiung zu behalten. 

Auf diese Weise werden Verbraucher kaum mehr belastet, tendenziell sogar immer stärker entlastet. Außerdem werden sowohl die Leistungen durch biologische Erzeugung als auch die Belastung durch die von immer mehr Verbrauchern kritisch gesehene Produktion tierischer Lebensmittel berücksichtigt. Kurzfristige Auswirkungen auf die Kosten für Bezieher von Alg II oder Grundsicherung sind zu ermitteln, die monatlichen Richtsätze ggf. anzuheben. Die gerade für Geringverdiener besonders bedrohlichen Folgekosten der Klimakrise werden durch die Reform abgemildert. 

2. Geringerbesteuerung weiterer Produkte der Daseinsvorsorge und Bildung, z.B. Kleidung und Druckerzeugnisse

Ein dauerhaft verminderter Steuersatz ist ab sofort beispielsweise für öko-fair produzierte Kleidung bzw. Textilien sachgemäß. Die Voraussetzung dafür ist gegeben, indem - vergleichbar dem EU-Bio-Siegel - ein bereits anerkannter Standard für Bio-Kleidung definiert und kontrolliert wird, und zwar kombiniert mit ebenso standardisiert anerkannter fairer Produktion und Vermarktung. 

Für Zeitschriften und Bücher kann festgelegt werden, dass sie ab 2030 aus 100% Recyclingpapier bestehen müssen, um weiterhin ermäßigt besteuert zu werden. 

3. Verringerte Besteuerung von energiesparenden Haushaltsgeräten und ökologisch nachhaltigen Dienstleistungen

a) Energiespargeräte der besten Effizienklasse (Top-Runner-Prinzip).

Haushaltsgeräte der besten Effizienzklasse werden geringer besteuert - so lange, bis die technische Entwicklung zu besseren Standards geführt hat. Dann wird turnusmäßig die Besteuerung angepasst.

b) Reparaturen von Haushaltsgeräten

Um Ressourcen zu schonen und einen Anreiz für Reparatur statt Neukauf zu schaffen, sollen Reparaturen von Haushaltsgeräten, wie z.B. bereits in Schweden, ermäßigt besteuert werden. Dadurch wird auch ein Anreiz gegen die Obsolenz und für dauerhafte Reparaturfähigkeit von Geräten geschaffen.

c) Nachhaltige Bio-Gastronomie, Bio-Hotels und Öffentlicher Personenverkehr

Die Ende 2023 für die Gastronomie auslaufende Ermäßigung soll künftig weiter für Restaurants, Kantinen, Cafés, aber auch Imbissanbieter gelten, die ab 2030 nahezu ausschließlich biologisch erzeugte Lebensmittel verarbeiten (Gold-Standard mit 90 Prozent Bio-Anteil). Übergangsfristen mit 30 Prozent (Bronze) bis 2026 bzw. 60 Prozent Bio-Anteil (Silber) bis 2028 sind als Anreiz für die Umstellung und den Aufbau ökologischer Wertschöpfungsketten vorzusehen. 

Steuernachlass für Übernachtungen ist bis spätestens 2030 auf zertifizierte Bio-Hotels bzw. Bio-Jugendherbergen (mit den für Gastronomie beschriebenen Umstellungsfristen) zu beschränken. 

Die Steuerermäßigung von Zugfahrkarten des Fernverkehrs auf 7 Prozent seit 1.1.2020 hat gezeigt, wie wirksam dieses Steuerungsinstrument ist - auf diese Weise konnten zehn Prozent mehr Fahrgäste gewonnen werden. Für die Beibehaltung der Ermäßigung des öffentlichen Verkehrs sollen Züge, Bahnen und Busse ab 2030 ausschließlich auf der Grundlage von 100 Prozent Ökostrom fahren, unabhängig davon, ob sie leitungs-, akku- oder wasserstoffgebunden betrieben werden. Bei Bio-Kraftstoffen wie Biomethan ist die ausschließliche Gewinnung aus Bioabfällen statt aus Ackerpflanzen verpflichtend.

Für Flugtickets ist wegen des hohen Energieverbrauchs unabhängig von der Entfernung, Antriebsart und Treibstofferzeugung der Normalsteuersatz von derzeit 19 Prozent vorzusehen. Der Anreiz, auf CO2-freie Treibstoffe umzustellen, ist durch eine CO2-Bepreisung bereits gegeben.

Grundsätzlich ist bei Produkten und Dienstleistungen, die es sowohl nach ökologisch nachhaltigem Standard als auch in stärker umweltbelastender Form gibt, die ermäßigte Besteuerung auf die nachhaltige Variante vorzunehmen, sobald eine staatlich anerkannte und wissenschaftlich fundierte Zertifizierung eingeführt wurde.

So kommen ökologische, soziale und fiskalische Anforderungen in eine sinnvolle Balance.

Links

Neuigkeiten

2020-02-21 09:08:28 +0100

Medien-Echo:
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung stellt die Petition vor und diskutiert sie: News Nachhaltigkeit vom 21.05.2015: Ist die Mehrwertsteuer zum Steuern da?
Darin heißt es unter anderem: "Das Interessante ist, dass die Voraussetzungen zur Umsetzung derartiger Ideen auf vielen Ebenen gegeben sind – etwa auf europäischer. Das zeigt eine Analyse des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie im Auftrag des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes vom April dieses Jahres." Auch Damian Ludewig vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft sehe – neben der Chance, statt vor allem Arbeit stärker die Umweltbelastung zu besteuern „einen weiteren Vorteil im ökologischen Umbau der Mehrwertsteuer" darin, dass sie den Wettbewerb nicht verzerre.
Der ganze Beitrag unter
https://www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuelles/ist-die-mehrwertsteuer-zum-steuern-da/ (mit aktuellen Studien zum Thema, weitere Studien finden sich weiter unten)

2020-02-21 09:08:20 +0100

Ökologische Mehrwertsteuerreform als EU-weite Chance und Aufgabe
Das EU-Parlament fordert eine ökologische Ausrichtung der Mehrwertsteuer:
http://www.future-ev.de/index.php?id=394&tx_ttnews[backPid]=366&tx_ttnews[tt_news]=292&cHash=c6df8e3fa2
http://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20111012IPR29115/meps-call-for-vat-reforms-to-target-fraud-and-help-small-firms-and-green-goods
Studie des Ecologic Institut: Die Wirkung differenzierter Mehrwertsteuersätze auf Konsum und Innovation, im Auftrag der Europäischen Kommission:
http://www.ecologic.eu/de/2587
http://ec.europa.eu/environment/enveco/taxation/pdf/vat_summary.pdf
Aktuell In Vorbereitung auf EU-Ebene:
Bahn-Walkowiak, Bettina ; Wilts, Henning (forthcoming) Reforming the EU VAT system to support the transition to a low-carbon and resource efficient economy, in: Kreiser, L. et al. (eds.): Critical Issues in Environmental Taxation Series, Vol. XV. Cheltenham: Edward Elgar.

2020-02-21 09:08:14 +0100

Wissenschaftliche Empfehlung (weitere Studien und Texte siehe unten):
Bahn-Walkowiak/ Wilts/ Bleischwitz (2010): Differenzierte Mehrwertsteuersätze zur Förderung eines ressourceneffizienteren Konsums
http://www.foes.de/pdf/Bahn-Walkowiak,%20Wilts,%20Bleischwitz_2010.pdf
Als Kurzpräsentation (im Dokument S. 9-13): http://www.foes.de/pdf/2011-05_FT_Ressourcen_Praesentation_Bahn-Walkowiak.pdf
Anreize für Ressourceneffizienz durch eine sektorspezifische Ressourcensteuer und eine Reform der Mehrwertsteuer
Dazu aktuell (April 2015) eine "Kurzanalyse: Angleichung von Mehrwertsteuersätzen nach Ressourceneffizienzgesichtspunkten" von Bettina Bahn-Walkowiak - mit Überblick über Studien und politische Diskussion EU-weit: http://edocs.fu-berlin.de/docs/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDOCS_derivate_000000004766/Kurzanalyse_MwSt-1.pdf
Umfangreiche Literaturangaben jeweils im Anhang der Dokumente

2020-02-21 09:08:05 +0100

Der Nachhaltigkeitsrat äußerte sich bereits 2009 positiv im Hinblick auf eine ökologische Mehrwertsteuerdifferenzierung: http://www.nachhaltigkeitsrat.de/uploads/media/Broschuere_Nachhaltig_aus_der_Krise_texte_Nr_28_September_2009.pdf
(dort die Seiten 47-50).
Ebenso hatte sie teilweise Eingang gefunden in das Umweltgutachten 2012 des Sachverständigenrates für Umweltfragen (mit Bezug insbesondere auf tierische Lebensmittel):
http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2012_06_04_Umweltgutachten_HD.pdf?__blob=publicationFile

2020-02-21 09:07:55 +0100

Erläuterung zum (optionalen) dreistufigen Steuersatz bei Lebensmitteln inklusive Fleischprodukten:
Während bei Nicht-Fleisch-Produkten zwischen 0% (Bio) und 7 % (konventionell) unterschieden wird (wobei hier der Satz von 7 % aus sozialpolitischen Gründen gewählt ist), wird bei Fleisch jeweils eine Stufe höher angesetzt: Mit 7% (Bio-Fleisch) und 19% (bei konventioneller Tierhaltung) wird unter anderem auch berücksichtigt, dass Fleischherstellung insgesamt, auch bei Bio-Standard, einen hohen Ressourcenverbrauch hat. Vgl. auch S. 50f. http://www.foes.de/pdf/2013-05-Oekonomische-Instrumente-zur-Senkung-des-Fleischkonsums.pdf
Bisherige Unstimmigkeiten, dass z.B. pflanzliche Milchprodukte für vegane Ernährung, höher besteuert werden, entfallen - alles wird steuerlich ausschließlich nach Bio-Anbau-Kriterien eingestuft.
Natürlich wäre der Klarheit und Wirksamkeit wegen auch eine klare Spreizung in 7% (Bio-Lebensmittel) und 19% (konventionelle Lebensmittel) denkbar.

2020-02-21 09:07:48 +0100

1. Diese Steuer wirkt in die Breite auf unterschiedlichste Produkte und Dienstleistungen, ihre Reform lässt sich nach Umsetzung nicht so leicht wieder rückgängig machen.
2. Die positive öffentliche Wirkung besteht auch darin, dass ökologische Produkte ja gerade mit dem niedrigeren Steuersatz versehen sind.
3. Die Mehrwertsteuer muss nicht neu erhoben oder eingeführt werden, sie ist schon da und ohnehin reformbedürftig.
4. Die Befürchtung eines Missbrauchs der ökologischen Mehrwertsteuer(sätze) durch Unternehmen, Zwischenhandel und Handel ist Ansporn zu stärkerem Engagement zugunsten öko-fairer Zertifizierung und Kontrolle.
5. Die Reform im Bereich der Mehrwertsteuer zwingt stärker als nationale Einzelmaßnahmen in einzelnen Bereichen dazu, auf eine EU-weite Mehrwertsteuerreform hinzuwirken, die besser dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung begegnen kann, als nationale Einzelabgaben oder Subventionen.

2020-02-19 17:21:33 +0100

100 Unterschriften erreicht

2020-02-19 13:46:45 +0100

50 Unterschriften erreicht

2020-02-19 12:33:29 +0100

25 Unterschriften erreicht

2020-02-19 11:37:29 +0100

10 Unterschriften erreicht