Klimaneutralität und die dafür nötige Verkehrswende werden in den Kommunen erreicht – oder gar nicht. Gleichzeitig lässt der in vielen Kommunen nahezu nicht vorhandene finanzielle Spielraum eine Weichenstellung in Richtung Klimaneutralität schlicht nicht zu.
Der Deutsche Städtetag stellt in seinem Bericht „Stadtfinanzen 2022“ dazu fest:
„Für die kommenden Jahre ist kaum mit einer Trendwende zu rechnen. Bereits jetzt ist daher absehbar, dass die Kommunen keinerlei eigenen finanziellen Spielraum haben, um die Ziele der Bundesregierung zum Beispiel beim ÖPNV oder der Umsetzung engagierter Klimaschutzziele zu unterstützen. Selbst wenn der Ukraine-Krieg nicht noch zu deutlicheren Einbrüchen der Wirtschaftsleistung führt, werden die Kommunalhaushalte durch Haushaltsdefizite und real sinkende Investitionen sowie einen Vermögensverzehr gekennzeichnet sein.“ [1]
Investitionen in den Klimaschutz dürfen auf keinen Fall zulasten anderer wichtiger kommunaler Aufgaben wie z.B. Schulausstattung, Digitalisierung, Versorgung von Flüchtlingen, Unterstützung von Kultur, Sport oder bürgerschaftlichem Engagement gehen.
Der Deutsche Städtetag hat ein Konzept zur Finanzierung des kommunalen Klimaschutzes vorgelegt und stellt fest: „Die Städte bekräftigen ihre Forderung nach der Bereitstellung von Bundes- und Landesmitteln zur Schaffung kommunaler Klimaschutzbudgets.“[2] "Kommunen benötigen ein festes Budget für Klimaschutzmaßnahmen, das ihnen über einen Zeitraum von 10 oder mehr Jahren verlässlich zur Verfügung steht." [3]
Förderprogramme helfen gerade überschuldeten Städten zudem wenig: Die Personaldecke ist zum Beispiel in Wuppertal durch die Überschuldung so kaputtgespart, dass das Personal für die Anträge oft schlicht fehlt. Deshalb gehen Fördergelder zusätzlich in reichere Städte, die ärmeren gehen leer aus. Es geht also nicht um Förderprogramme, sondern ein festes Budget, das die Kommunen ohne bürokratischen Aufwand erhalten müssen, sowie eine die Kommunen entlastende Altschuldenregelung.
Über 60 Kommunen haben sich im Bündnis „Für die Würde unserer Städte“ zusammengeschlossen und fordern zweierlei [4]: Die Kommunen
1. müssen von der Last der Altschulden befreit werden.
2. müssen vom Bund und den Ländern eine angemessene Finanzausstattung erhalten.
Die Erfüllung dieser Forderungen ist grundlegend, damit diese Kommunen überhaupt wieder Handlungsspielraum, nicht nur für den Klimaschutz, erlangen. Die Überschuldung verhindert Investitionen in den Klimaschutz in den überschuldeten Kommunen und engt durch die höheren Gewerbe- und Grundsteuern auch den Spielraum für Investitionen durch Unternehmen und Privatpersonen ein. So entsteht hier ein Klimaschutz zweiter Klasse, der überschuldete Kommunen vom Klimaschutz und in anderen Bereichen geradezu abhängt.
Beispiel ÖPNV-Ausbau in Wuppertal – ein Beispiel von Vielen
Wuppertal hat beschlossen, 2035 klimaneutral zu werden und ist weit davon entfernt. Laut „Stufenplan Klimaneutralität 2035“ für die Stadt Wuppertal muss dafür z.B. der Individualverkehr um 40% abnehmen, den größten Teil soll der ÖPNV auffangen. Ausschließlich das für den Stadtrat im neuen Nahverkehrsplan vorgestellte Ausbau-Szenario 3 erreicht dabei einen Nachfragezuwachs von 35%, könnte die Klimaschutzanforderungen also annähernd erfüllen. Doch ausgerechnet dieses Szenario ist aufgrund seines hohen Finanzbedarfs und des erheblichen zeitlichen Vorlaufs (keine Umsetzung ab 2027 möglich) für die „weitere detaillierte Ausarbeitung“ ausdrücklich von der Abstimmung ausgenommen. In der Verwaltungsvorlage ist zudem zu lesen: „Jedoch erlaubt die finanzielle Lage der Stadt Wuppertal nach aktuellem Stand auch perspektivisch keine Ausweitung des heutigen ÖPNV-Angebotes. Schon jetzt stößt bereits die Finanzierung des Status Quo im Lichte steigender Produktionskosten (insbesondere Einkommensentwicklung, Energiekosten, Beschaffungskosten u.a.) an ihre finanziellen Grenzen. Bereits das Szenario 0 [Anmerkung: Das ist der Erhalt des Status Quo.] weist in der mittelfristigen Planung eine erhebliche Finanzierungslücke auf.“ [5] Es ist statt des benötigten Ausbaus also sogar mit dem Rückbau des ÖPNV gegenüber heute zu rechnen.
Die Kommunen brauchen die Unterstützung ihrer Bürgerinnen und Bürger. Daher unterstützen die Unterzeichner der Petition die Forderungen des Deutschen Städtetages und des „Aktionsbündnisses für die Würde unserer Städte".
Nähere Informationen finden Sie unter den angegebenen Quellen:
[1]
https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Publikationen/Beitraege-zur-Stadtpolitik/2022/beitraege-zur-stadtpolitik-119-stadtfinanzen-2022.pdf.pdf, S. 20
[2]
https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Publikationen/Beitraege-zur-Stadtpolitik/2022/beitraege-zur-stadtpolitik-119-stadtfinanzen-2022.pdf.pdf, S. 17
[3]
https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Publikationen/Weitere-Publikationen/2022/kurzbroschuere-kommunalen-klimaschutz-klug-foerdern-2022.pdf, S. 3
[4]
https://www.fuerdiewuerde.de/faq/die-wichtigsten-fragen-und-antworten_59.html
[5] Beschlussvorlage VO/1578/23, S. 2