Offener Brief an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Hände weg von 170 Bäumen und dem Spielplatz im „Grünen Kiez Pankow“!
Das Vorgehen von Senatsverwaltung und GESOBAU AG ist ein Skandal!
Vier Jahre lang haben GESOBAU und Senatsbauverwaltung versucht, im Grünen Kiez Pankow eine massive Wohnbebauung durchzusetzen, welche die Wohn- und Lebensqualität gravierend verschlechtern würde. Dabei wurden die Grünen Innenhöfe von der GESOBAU als Brache und Baulücke deklariert, um dem Vorhaben Legitimität zu verschaffen.
Das Gegenteil ist wahr: Die grünen Innenhöfe wurden als Ausgleich für die kleinen Wohnungen in dieser kommunalen Wohnanlage genau so geplant. GESOBAU und Senatsbauverwaltung wurden von Anwohner*innen und der Bezirkspolitik gestoppt. Das Bezirksamt Pankow hat die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen, um die grünen Innenhöfe mit dem öffentlich zugänglichen Spielplatz in ihrer sozialen und ökologischen Funktion für alle Pankower*innen und die sechs umliegenden Kinderläden dauerhaft zu sichern und eine moderate Bebauung zu ermöglichen.
Diesen Weg zum Kompromiss durchkreuzen Senatsbauverwaltung und Gesobau nun bewusst, indem sie das alte, monströse, abgelehnte Bauvorhaben wieder aus der Schublade holen, schamlos als Unterkunft für Geflüchtete umetikettieren, um es mit eigener Unterschrift hinter dem Rücken aller anderen Beteiligten zu genehmigen.
Senator Geisel missbraucht damit das Sonderbaurecht. Die Notlage bei der Unterbringung von Geflüchteten wird für eine unsoziale und unökologische Baupolitik instrumentalisiert. Ein jahrelanges demokratisches Verfahren wird komplett entwertet, Bürger*innen werden brüskiert und ihre Interessen ignoriert. Beschlüsse, Ziele und Entscheidungen bezirklicher Gremien werden einfach übergangen.
Wir Baumpat*innen verurteilen diese Missachtung demokratischer Grundsätze!
Hier soll ein Ort vernichtet werden, an dem sozialer und kultureller Austausch stattfindet - mit Konzerten, Lesungen, Familienfesten, Bücherbaum und Baumbank, erbaut mit Hilfe und Spenden der Baumpat*innen. Ein Ort, an dem Integration gelebt wird. Nachbar*innen und Gäste sind auch geflüchtete Familien mit ihren Kindern.
Doch gerade sie werden hier wohl kaum Platz finden, da die nötige soziale Infrastruktur fehlt. Das ist der Senatsverwaltung bekannt, wie aus der Antwort von Staatssekretär Gaebler vom 15.2.2023 auf die schriftliche Anfrage von Johannes Kraft/ AGH CDU Fraktion hervorgeht: „ ... die Versorgung mit Grundschulplätzen und Kita-Plätzen im Sozialraum des Standortes (ist) defizitär. Somit wäre die Belegung der MUF-Standorte nach Fertigstellung mit Familien mit schulpflichtigen Kindern im Grundschulalter schwierig, solange nicht bspw. mehr Grundschulplätze im Umfeld geschaffen werden.“
Wir brauchen lebendige, solidarische Nachbarschaften, die schwer traumatisierten Menschen eine Brücke in unsere Gesellschaft bauen können. Dafür braucht es Freiräume für Austausch und Begegnung. Dafür muss die soziale und grüne Infrastruktur für alle mitwachsen. Dafür braucht es bedarfsgerechte kommunale Planung mit allen und für alle Menschen.
Wir Baumpat*innen fordern deshalb:
- ein sofortiges Fällmoratorium für den Erhalt der 170 Bäume,
- die Sicherung des Spielplatzes,
- die endgültige Aufgabe des massiven, abgelehnten Bauvorhabens,
- die Rückkehr zum „Klima-B-Plan“ 3-88B des Bezirks, um ungeachtet der Herkunft
würdige Wohnverhältnisse für Bestandsmieter*innen und neue Nachbar*innen zu garantieren.
Der Kiez kann sich entwickeln, aber er muss grün und sozial bleiben!
Berlin-Pankow, 21. Februar 2023
Erstunterzeichner*innen:
Franziska Schwarzbach, Bildhauerin,
Jasmin Tabatabai, Schauspielerin
Annett Gröschner, Schriftstellerin
Andreas Pietschmann, Schauspieler
Ulrike Petersen, stellv. I. Konzertmeisterin Konzerthausorchester Berlin
Ruth Misselwitz, Pfarrerin i.R.
Dr. Hans Misselwitz; Staatssekretär a.D.
Dr. Christoph Links, Publizist
Peter Wawerzinek, Schriftsteller
Tom Franke, Dokumentarfilmregisseur
Bernadette La Hengst, Musikerin
Dr. Helga Adler, Historikerin,
Judith Braband, Aktivistin,
Georg Balzer für das Netzwerk AfA ( Aktiv für Architektur)
Achim Niemann, Maler,
Peter Schwarzbach, Restaurator,
Julia Dimitroff, Geigenbauerin
Dr. Susanne Willems, Historikerin, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Dr. Luise Steinwachs, Soziologin
Prof. Brigitte Sändig, Romanistin
Michaela Hartmann, Künstlerin
Alexandra Dimitroff, Musikerin
Friederike Zöllner, Buchhändlerin
Hansi Oostinga, Politologe
Gerhard Uebele, Geiger
Dr. Frank Adler, Soziologe
Reyk Zöllner, Meister f. Veranstaltungstechnik