Nur wer die Verbrechen und Versäumnisse der Vergangenheit aufarbeitet, tut das notwendige, um Kinder heute besser zu schützen. Wie diese umfassende Aufarbeitung der zumeist verjähren Verbrechen an Kindern und Jugendlichen im Kontext der katholischen Kirche aber auch anderer Kirchen und Institutionen sichergestellt werden kann, wie den tausenden Opfern Hilfe zugänglich gemacht wird und die Entschädigung für das institutionelle Versagen der Amtsträger in der Kirche erfolgt, ist jedoch bis heute nicht geklärt. Eine Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission auf gesetzlicher Basis wäre ein Weg, den andere Staaten, bereits gegangen sind.
Nach der Aufdeckung des sog. Missbrauchsskandals 2010 hat die Politik einen Runden Tisch Sexueller Kindesmissbrauch eingerichtet, doch sich danach an die Seitenlinie begeben. Trotz der Einrichtung der Stelle eines Missbrauchsbeauftragten, einer untergesetzlichen Aufarbeitungskommission seit 2016 sowie einer wissenschaftlichen Untersuchung (MHG-Studie 2018) sind so bis heute die Verantwortlichkeiten für die tausenden von Missbrauchsverbrechen an Kindern und Jugendlichen nicht wirklich geklärt. Für Aktenzugang, Zeugenvernehmung, Veröffentlichung von Ergebnissen usw. gibt es keine gesetzliche Grundlage, was oft zu Konflikten etwa um den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte von Beschuldigten in solchen Aufarbeitungsprojekten führt.
Vor allem aber warten die Opfer seit nunmehr zehn Jahren auf eine angemessene Entschädigung nicht nur für die an ihnen begangenen Missbrauchsverbrechen, sondern für die systematische Verdunkelung dieser Taten und den Schutz der Täter. Kinder wurden oft fahrlässig in Gefahr gebracht, weil Täter nur versetzt wurden. Mit der Bewältigung der Folgen des erlittenen sexuellen Missbrauchs wurden die Opfer allein gelassen, weil die Verbrechen von den Vorgesetzten der Täter nicht aufgedeckt, sondern vielmehr vertuscht und verheimlicht wurden. Damit wurde den Opfern vielfach der Weg zu Hilfe und therapeutischer Bearbeitung ihrer Traumata erschwert.
Mit symbolischen Anerkennungszahlungen wie sie die Kirche immer wieder anbietet, ist vielen Betroffenen nicht geholfen. Eine angemessene Entschädigung sollte sich an den von einer unabhängigen Arbeitsgruppe unter Mitwirkung von Expertinnen und Experten, darunter auch Betroffene, im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erarbeiteten Empfehlungen vom September 2019 orientieren.
Es darf dabei keine erneute traumatisierende Belastung der Opfer geben und auch keine Demütigung durch einseitig verordnete symbolische Beträge. Das Parlament sollte sich an die Seite der Betroffenen stellen und als „ehrlicher Makler“ einen Ausgleich suchen. Die Betroffenen haben ein Recht auf Aufklärung und auf Entschädigung. Sie brauchen auch in Zukunft Hilfe, Beratung und Unterstützung. Ein „Opfergenesungswerk“, das dauerhaft einen Beitrag für die Gesundung der Opfer leistet, könnte beispielgebend für den Umgang auch mit anderen Opfergruppen in unserer Gesellschaft werden.
http://www.eckiger-tisch.de/https://www.missbrauchsopfer-josephinum-redemptoristen.de/http://www.betroffeneninitiative-hildesheim.de/http://www.selbsthilfe-missbrauch-muenster.de/https://www.selbsthilfe-rhede.de/http://initiative-ehemaliger-johanneum-homburg.de/https://missbit.de/https://www.albertinum-gerolstein.de/https://www.betroffeneninitiative-sueddeutschland.de/http://do-bo-berlin.de/