Menschen in Seenot müssen gerettet werden. Das ist eine rechtliche und humanitäre Pflicht. Doch ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums stellt diesen Grundsatz nun in Frage, denn künftig soll Seenotrettung mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Der größte Kriminalisierungsversuch von Seenotrettungsorganisationen in Deutschland jemals.
Paragraph 96 des Aufenthaltsgesetzes sieht eigentlich vor, dass Menschen bestraft werden, die einen persönlichen Vorteil aus dem „Einschleusen von Ausländern“ ziehen - zum Beispiel wenn sie Geld dafür bekommen. Dieser Paragraph soll jetzt so geändert werden, dass alleine das an Land bringen von mehreren aus Seenot geretteten Personen oder das wiederholte an Land bringen von aus Seenot geretteten Personen schon eine Straftat wäre. Darüber hinaus könnten auch andere Formen von Unterstützung für Menschen auf der Flucht kriminalisiert werden. Bestraft werden könnte je nach Auslegung schon, wer Menschen ohne Papiere etwa innerhalb des Landes im Auto mitnimmt, ihnen eine Fahrkarte für den ÖPNV kauft, Essen oder Wasser verteilt, oder ihnen eine Unterkunft anbietet. Als Höchststrafe drohen 10 Jahre Haft!
Dieser menschenverachtende Absatz ist eingebettet in einen Gesetzesentwurf, der Menschen auf der Flucht kriminalisiert und Abschiebemaßnahmen verschärft. Ein Gesetzesentwurf voller menschenfeindlicher Scheinlösungen. Denn weder Haftstrafen für Seenotretter*innen, noch die weitere Entrechtung von Schutzsuchenden werden Auswirkungen auf die Belastungssituation der Kommunen haben. Sehr real sind die Folgen aber für die Menschen, deren Grundrechte weiter abgebaut werden oder die für ihren Einsatz für die Wahrung von Menschenrechten bestraft werden sollen. Mit dem aktuellen Gesetzesvorschlag reiht sich Deutschland ein in die repressive Politik Griechenlands und Italiens, wo Seenotretter*innen und flüchtende Menschen selbst in jahrelange Strafprozesse verwickelt werden. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl oder Amnesty International haben den Gesetzentwurf bereits als menschenrechtswidrig eingestuft.
Alleine dieses Jahr sind bisher über 2.400 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Damit ist das Jahr 2023 das tödlichste auf dem zentralen Mittelmeer seit 2017. Unterstützt zivile Seenotrettung dabei, dass Menschen weiterhin vor dem Ertrinken gerettet werden und protestiert mit uns gegen den Gesetzesvorschlag.
In Solidarität mit Menschen auf der Flucht fordern wir alle demokratischen Bundestagsabgeordneten dazu auf, bei der Abstimmung über das “Rückführungsverbesserungsgesetz” mit “Nein” zu stimmen. Stattdessen fordern wir ein staatlich koordiniertes Seenotrettungsprogramm sowie sichere und legale Fluchtwege! Wir erinnern alle Regierungsfraktionen an ihr Versprechen im Koalitionsvertrag, Seenotrettung zu unterstützen und nicht zu kriminalisieren oder zu behindern.
Initiator*innen der Petition:
Sea-Watch
LeaveNoOneBehind
United4Rescue
SOS Humanity
Seebrücke
Erstunterzeichner*innen:
Sea-Eye