Linh Le* arbeitet seit mehreren Jahren als Haushaltshilfe bei einer Familie in Süddeutschland. Wegen eines schweren Augenleidens droht die Südostasiatin zu erblinden.
Linh Le kann sich nicht medizinisch behandeln lassen. Denn sie hat keinen gültigen Aufenthaltstitel. Wie Linh Le leben hunderttausende Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus in Deutschland. Sie sind Teil unserer Gesellschaft, als Nachbar*innen, Kund*innen, Dienstleister*innen und Mitschüler*innen leben sie oft schon seit Jahren oder Jahrzehnten in Deutschland.
Wenn sie krank werden, haben sie ein Recht auf medizinische Versorgung, so steht es im Gesetz (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 4, 6 Asylbewerberleistungsgesetz).
Doch faktisch wird den Menschen dieses Recht verwehrt. Denn das Gesetz sieht auch die sogenannte
Übermittlungspflicht vor: Wenn eine Person ohne gültigen Aufenthaltstitel z.B. die Kostenübernahme für medizinische Leistungen beantragt, ist das Sozialamt, wie auch andere Behörden, verpflichtet, Namen und Adresse an die Ausländerbehörde zu melden. Damit droht die Abschiebung.
Aus Sorge, so ihre gesamte Existenz zu verlieren, vermeiden es daher hunderttausende Menschen, sich ärztlich behandeln zu lassen. Lebensbedrohliche Erkrankungen bleiben unbehandelt, Schwangere gehen nicht zu Vorsorgeuntersuchungen, selbst Kinder erhalten keine medizinische Grundversorgung. Dabei zeigt die Corona-Pandemie uns allen, wie wichtig es ist, dass jeder Mensch Zugang zu Gesundheitsversorgung hat.
Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht auf eine angemessene Gesundheitsversorgung, unabhängig von Einkommen, Herkunft und Aufenthaltsstatus. Dazu hat sich die Bundesregierung in verbindlichen internationalen Menschenrechtsverträgen verpflichtet. Die gesetzliche Übermittlungspflicht nach § 87 Aufenthaltsgesetz führt jedoch dazu, dass viele Menschen von medizinischen Leistungen faktisch ausgeschlossen sind.
Auch international ist Deutschland für diese Übermittlungspflicht kritisiert worden: 2018 hat der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die Bundesregierung aufgefordert, die Übermittlungspflicht abzuschaffen und dafür zu sorgen, dass Betroffene Gesundheitsdienste ohne Angst in Anspruch nehmen können.
Beim Recht auf Bildung ist es bereits gelungen, die Übermittlungspflicht abzuschaffen: Damit Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus zur Schule gehen können, sind alle Bildungseinrichtungen von der Meldepflicht ausgenommen. Die Kinder von Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus können seitdem in die Schule gehen, ohne dass ihre Familien befürchten müssen, abgeschoben zu werden. Das können wir auch für den Gesundheitsbereich erreichen!
Menschen von notwendigen Arztbesuchen abzuhalten, ist inakzeptabel. Das Recht auf Gesundheitsversorgung muss für ALLE, die in Deutschland leben, garantiert sein. Denn wie schon das Verfassungsgericht entschieden hat: "Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren."
Wir fordern den Gesetzgeber auf, in § 87 Aufenthaltsgesetz eine Ausnahme für den Gesundheitsbereich zu schaffen und rufen alle Parteien auf, sich dafür einzusetzen. *(Name geändert)
Die Petition wird unterstützt durch ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen:Ärzte der Welt, Gesellschaft für Freiheitsrecht, Diakonie, Katholisches Forum Leben in der Illegalität, Medibüro Berlin, Migrationsrat Berlin-Brandenburg, Polnischer Sozialrat, PRO ASYL, Amnesty International, AWO Bundesverband, Deutsche Aidshilfe, Armut und Gesundheit in Deutschland, diverse Medinetze
Alle Organisationen und weitere Informationen auf
www.gleichbehandeln.de.