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An: An den Deutschen Bundestag

Spur halten – §23 AEG nicht aufweichen

Mit einer gerade im Bundestag wieder angelaufenen Initiative zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) droht ein zentraler Hebel für die Mobilitätswende aufgeweicht zu werden. Das Problem:  Für die Reaktivierung und den Ausbau von Schieneninfrastruktur braucht es Flächen. Doch die könnten durch eine erneute Änderung von §23 AEG wieder verstärkt für Anderes - z.B. den Städtebau - zweckentfremdet werden.

Schon am 26. Juni 2025 könnte der Bundestag final über diese Änderung abstimmen [1]. Entsprechend schnell braucht es nun unseren öffentlichen Protest. 

Wir rufen die Abgeordneten des 21. Deutschen Bundestages dazu auf, keiner Aufweichung von §23 AEG zuzustimmen! Die Anwendungspraxis [2] des bestehenden Gesetzes zeigt, dass eine hinreichende Interessenabwägung auch auf Basis des bestehenden Gesetzes funktioniert.
 

Wir fordern daher:

  1. Keine voreilige Änderung des §23 AEG ohne Validierung der tatsächlichen Entscheidungspraxis – ein Rückfall in die alte Freistellungspraxis wäre fatal.
  2. Schutz und Erhalt von Bahnbetriebsflächen auf Basis einer sorgfältigen Abwägung – was einmal entwidmet wurde, ist sonst dauerhaft verloren.
  3. Anerkennung von Ersatzlösungen als Grundlage für Freistellungen nur unter Festlegung verbindlicher Qualitätskriterien – eine S-Bahn mit Umsteigebeziehung ist kein vollwertiger Ersatz für eine Direktanbindung.
  4. Verkehrspolitik mit Weitblick statt Freibrief für kurzfristige Flächenverwertung – Mobilitätswende nicht gegen Wohnbau ausspielen!
  5. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) muss vor Verabschiedung des Gesetzes zur aktuellen Entwidmungspraxis angehört werden. – nur so ist eine sachliche Abwägung der vorgebrachten Argumente möglich


Warum ist das wichtig?

Über Jahrzehnte kümmerte man sich wenig um Erhalt und Entwicklung der Schieneninfrastruktur. Im Gegenteil, es wurde ordentlich geschrumpft. Stilllegungen und voreilige Freistellungen (Entwidmungen) von Bahngrundstücken waren an der Tagesordnung.
 
Eine Kehrtwende versuchte schließlich das Ende 2023 von der Ampelregierung veränderte AEG, zu dem vor allem auch die Empfehlungen der Beschleunigungskommission-Schiene (BKS) [3] beigetragen haben. Die Erfahrung war, dass Reaktivierungen stillgelegter Bahnstrecken vor allem dort scheitern, wo einzelne Grundstücke auf Grundlage der vor 2023 geltenden Regeln entwidmet und anschließend anders genutzt wurden [4]. So konnte die Entwicklung eines leistungsfähigen und zeitgemäßen Schienenverkehrssystems natürlich nicht funktionieren.

Das versuchte das neue (jetzt aktuelle) AEG zu verändern. Die Mobilitätswende sollte gestärkt und gleichwertige Chancen zur Entwicklung im ländlichen Raum geschaffen werden. 

🧾 Was darauf folgte:

Die daraus folgende, deutlich strengere Freistellungspraxis, rief bei einigen Städten schnell Unmut hervor. Denn die hatten Bahnflächen lange als brachliegendes Reservoire für ihre Stadtentwicklungs- und Infrastrukturprojekte betrachtet. In Allianz mit dem Deutschen Städtetag laufen sie nun Sturm für eine Rückkehr zur alten Freistellungspraxis [5] [6].

>  Alarmismus des Deutschen Städtetag:

Vor allem der Deutsche Städtetag behauptet als Lobbyverband der Städte lautstark, die Neuregelung blockiere die Entwicklung von Städten und Gemeinden [7] und versuchte so die Rechtmäßigkeit von §23 AEG in Zweifel zu ziehen [8].

Einer faktischen Überprüfung hält diese Darstellung jedoch eigentlich nicht stand. Die öffentlich abrufbaren Fallentscheidungen des Eisenbahn‑Bundesamts (EBA) zeigen klar:  auch nach Einführung des aktuellen AEG wurden zahlreiche Anträge auf Freistellung bewilligt, sofern diese fachlich nachvollziehbar begründet waren! §23 AEG formuliert also kein generelles Freistellungsverbot und das EBA führt seine regelkonforme Prüfung auch weiterhin im Sinne eines ausgewogenen Interessenausgleichs durch. ( 📌 Direktlink zur Datenbank der Fallentscheidungen des EBA zu §23 AEG )
 
Die angeblich drängende Notwendigkeit zur Änderung von §23 AEG hätte sich also bei nüchterner Betrachtung längst überholt.

>  Maßanzug für Stuttgart 21:

Ein Projekt, das dennoch in der Debatte zu §23 AEG immer wieder auftaucht ist Stuttgart 21 und das dabei geplante Rosensteinquartier. Mit der Außerdienst- und Freistellung der Anbindungsgleise der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof droht dort allerdings eine dauerhafte Schwächung des Nah- und Fernverkehrs - mit erheblichen Auswirkungen für eine ganze Region. Eine gleichwertige Ersatzlösung ist bisher nicht in Sicht. [9]

🚨 Kritik am vorliegenden Änderungsentwurf:

Selbst wenn versucht wird, es anders darzustellen - der aktuell gemeinsam von CDU/CSU und SPD eingebrachte Änderungsentwurf [10] ist in erster Linie ein Versuch möglichst komplett zur alten Freistellungspraxis zurückzukehren. Teilweise geht dieser sogar noch darüber hinaus. 
 
Dabei sticht besonders hervor:
  • Das überragende öffentliche Interesse wird zum Ausnahmezustand, der Schutz von Schieneninfrastruktur entsprechend weit aufgeweicht.
  • Es mangelt an Bewusstsein für die damit verbundenen Kollateralschäden bei der Schiene.
  • Der zugefügten Ersatzlösungsoption fehlt eine ausreichende, qualitative Absicherung - sie könnte damit zum Türöffner für Stilllegungen und Freistellungen von Bestandsstrecken werden.
  • Die Forderungen nach einer nötigen Übergangslösung für Altanträge und die nach einem sofortigen Inkrafttreten der Änderungen widersprechen sich in der vorgebrachten Weise selbst
 
📣  Warum jetzt Mitzeichnen so wichtig ist:

Bei dieser Petition ist ordentlich Druck im Kessel! Einerseits wegen der möglichen Tragweite der beabsichtigten Änderungen, andererseits weil die Bundesregierung versucht, das Ganze nun möglichst schnell über die Bühne zu bringen, damit sich Widerstand erst gar nicht formiert. Schon am 26. Juni 2025 könnte das gelingen! 

Der angerichtete Schaden wäre allerdings enorm und langfristig schwer zu beheben! Denn einmal wegen Flächenentwidmungen verlorene Bahntrassen lassen sich durch die notwendige Einbindung ins überregionale Netz kaum ersetzen. Werden sie anderweitig bebaut, wird dort kein Zug mehr fahren. 

Jede zusätzliche Stimme ist also wichtig für ein starkes Plädoyer - für eine nachhaltige Mobilität, für eine starke Schiene und für einen verantwortungsvollen Umgang mit gewidmeten Flächen im entwicklungspolitischen Kontext. Helft bitte alle mit, das zu erreichen.

Lassen wir nicht zu, dass Entscheidungen von heute die Bahninfrastruktur von morgen verbauen [11]!


🔗 Quellverweise:

[1] Beschlussankündigung zu §23 AEG
[2] EBA-Archiv der öffentlichen Bekanntmachungen zu ergangenen Freistellungsbeschlüssen
[3] Abschlussbericht der Beschleunigungskommission Schiene (Dez. 2022)
[4] Studie – Erfolgsfaktoren für eine Reaktivierung regionaler Bahnstrecken
[5] Positionierung gegen Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG)
[6] Pressemeldung zur Reaktion auf §23 AEG in Stuttgart und anderen Städten
[7] Stellungnahme des Deutschen Städtetags zur Änderungsinitiative
[8] Sachverständigenanhörung Verkehrsausschuss Dez. 2024
[9] Informationen pro-Gäubahn
[10] Bundestagsdrucksache 21/326 (Juni 2025) – Änderungsentwurf § 23 AEG
[11] Informationen zu Bedeutung von Reaktivierung und Neubau von Schienenverbindungen

Kategorie

Neuigkeiten

2025-06-25 14:44:11 +0200

Seit gestern ist klar: ... Der Entwurf der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD wird heut im Verkehrsausschuss und dem Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen beraten werden. Da beide Ausschüsse nicht öffentlich tagen, wird entsprechende Ergebnisse daraus erst später am Tag öffentlich bekannt werden. Wahrscheinlich ist aber, dass ein finaler Änderungsentwurf morgen im Bundestag zur Abstimmung stehen wird.

Wir haben versucht mit Abgeorneten über die beabischtigten Änderungen und die von uns dazu abgegebene Stellungnahme ins Gespräch zu kommen. Sollte dennoch eine Aufweichung des AEG morgen zu später Stunde noch beschlossen werden, werden wir diese Petition auf jeden Fall fortführen und einen letzten Versuch starten, um die geplanten Änderungen über den Vermittlungsausschuss im Bundesrat aufzuhalten.

Bitte helft also alle weiterhin mit, möglichst viele Stimmen einzuwerben.

2025-06-23 15:32:23 +0200

1,000 Unterschriften erreicht

2025-06-22 13:46:44 +0200

500 Unterschriften erreicht

2025-06-20 23:09:23 +0200

100 Unterschriften erreicht

2025-06-20 19:33:05 +0200

50 Unterschriften erreicht

2025-06-20 15:35:25 +0200

25 Unterschriften erreicht

2025-06-20 12:21:15 +0200

10 Unterschriften erreicht