200,000 Unterschriften erreicht
An: Bundeskanzler Merz, Vizekanzler Klingbeil, Außenminister Wadephul, Mitglieder der Bundesregierung, Mitglieder des Bundestages
Stoppt die Kriegsverbrechen in Gaza!

Viele Bürgerinnen und Bürger dieses Landes empfinden eine tiefe Scham angesichts der deutschen Positionierung im Nahostkonflikt. Laut Umfragen kritisieren 80 Prozent der Bevölkerung das militärische Vorgehen Israels in Gaza und 60 Prozent sprechen sich gegen Waffenlieferungen nach Israel aus.
Wir schreiben Ihnen daher mit großer Bestürzung angesichts der anhaltenden humanitären Katastrophe im Gazastreifen und der Rolle Deutschlands in diesem bewaffneten Konflikt, für den der Internationale Gerichtshof bereits vor 17 Monaten ein „reales und unmittelbares“ Risiko eines Genozids für plausibel beschied.
International renommierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen warnen bereits seit dem 15. Oktober 2023 vor einem möglichen Genozid – und zwar auf Basis dokumentierter höchstgerichtlich fixierter Aussagen der israelischen Regierung und Armeeführung.
Seitdem hat sich die Katastrophe vor den Augen der Weltöffentlichkeit und der deutschen Politik immer weiter verschärft. Die Verantwortung, trotz dieser eindringlichen Warnungen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Verhinderung eines Völkermordes nachgekommen zu sein, wiegt schwer.
Wir fordern daher:
- Deutliche Positionierung und Einsatz der deutschen Bundesregierung für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien, um weiteres Leid der Zivilbevölkerungen zu verhindern.
- Prüfung und Aussetzung von Rüstungsexporten nach Israel, insbesondere solcher, die in Gaza, in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes, im Libanon und in Syrien zu Völkerrechtsverletzungen beitragen oder das Überleben der Geiseln und der palästinensischen Zivilbevölkerung gefährden.
- Einsatz für die ungehinderte humanitäre Hilfe für alle Menschen im gesamten Gazastreifen, einschließlich der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und anderer lebensnotwendiger Güter durch zivile humanitäre Hilfsorganisationen und UN-Organisationen nach den für humanitäre Hilfe geltenden Prinzipien.
- Stärkung des internationalen Strafgerichtshofs und internationaler Organisationen, indem die Bundesregierung unmissverständlich erklärt, dass Deutschland sich an internationales Recht halten wird – einschließlich der Pflicht, den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen israelische Politiker zu vollstrecken.
- Koordinierung mit der Politik europäischer und internationaler Partner wie u.a. Frankreich, Kanada oder Spanien, die sich für eine menschenrechtsbasierte Nahostpolitik positionieren, sowie eine proaktive Unterstützung gemeinsamer Maßnahmen, um dadurch politischen Druck auf die israelische Regierung auszuüben – mit dem Ziel der sofortigen Beendigung des Krieges, dem Ende der Besatzung, dem Ende der Luft-, See- und Bodenblockade Gazas, dem Ende der laut Internationalem Gerichtshof illegalen Siedlungspolitik im Westjordanland sowie der dortigen fortlaufenden Gewalteskalation gegenüber palästinensischen Zivilisten und Zivilistinnen, als auch dem Recht von Israelis und Palästinensern auf Gerechtigkeit, Sicherheit und Selbstbestimmung.
Warum ist das wichtig?
Die Kriegsverbrechen des 7. Oktober 2023 durch die Hamas haben die israelische Bevölkerung tief erschüttert und traumatisiert. Allen Betroffenen, insbesondere den Geiseln und ihren Angehörigen gilt unsere Solidarität sowie unser tiefes Mitgefühl und wir sehen uns in der Pflicht, ihre Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand zu stützen.
Die militärische Antwort der israelischen Regierung nach dem 7. Oktober 2023 darf jedoch nicht als Rechtfertigung für eine Kriegsführung dienen, die von einer Vielzahl internationaler Völkerrechtler und Völkerrechtlerinnen mittlerweile als unverhältnis- und unrechtmäßig eingestuft wird. Zumal sie mit der Begehung zahlreicher Kriegsverbrechen durch die israelische Regierung und Armee einhergeht, darunter Aushungerung und Vertreibung. Inzwischen äußert sich die israelische Regierung offen zu ihren Plänen einer vollständigen Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung und einer Annexion des Gazastreifens.
Diese militärische Gewalt dient nicht der Befreiung der noch lebenden Geiseln, deren Rettung höchste Priorität haben muss. Dieselbe Priorität gilt für Leben, Schutz und Würde der palästinensischen Zivilisten und Zivilistinnen. Im Sinne des universellen Völker- und Menschenrechts sowie der Unantastbarkeit der Menschenwürde müssen Bundesregierung und Bundestag sich ihnen nicht nur in gleichem Maße zuwenden, sondern entschiedener handeln:
Internationale Organisationen, darunter die Vereinten Nationen, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, Amnesty International und Medico International sowie zahlreiche Wissenschaftler und Politiker weiterer EU-Länder fordern einen sofortigen Stopp von Waffenlieferungen an Israel sowie eine umfassende humanitäre Unterstützung für die betroffene Zivilbevölkerung.
Humanitäre Hilfe muss sofortigen Zugang zum gesamten Gazastreifen erhalten. Ihre Verteilung sollte durch zivile, humanitäre und UN-Organisationen nach den Prinzipien der Unparteilichkeit und Neutralität erfolgen – und keine weiteren Vertreibungen verursachen. Die derzeitige international kritisierte Verteilungspraxis bewirkt das Gegenteil: Sie schließt die vulnerabelsten Gruppen faktisch aus – darunter Schwangere, Frauen, Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Verwundete, die die Verteilstationen nicht erreichen können. Diese Praxis führt zu neuer, erzwungener Vertreibung.
Deutschland hat sich stets zu den universellen Prinzipien des Völkerrechts und der Menschenrechte bekannt. Es ist daher unerlässlich, dass die Bundesregierung ihre Außenpolitik auch in diesem konkreten Fall an diesen Werten ausrichtet und sich aufgrund Deutschlands historischer Verantwortung gegenüber Israel nicht selbst von der Pflicht entbindet, Völkerrechtsverletzungen klar zu benennen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Denn die Staatsräson steht weder über dem Völkerrecht noch über dem für seine Völkerrechtsfreundlichkeit bekannten Grundgesetz.
Deutschland hat aufgrund seiner historischen Schuld eine besondere Verantwortung: sowohl für die Einhaltung des Völkerrechts und der universellen Menschenrechte als auch für den Einsatz gegen Antisemitismus und Rassismus.
Das völkerrechtlich verbriefte Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung muss das politische Handeln Deutschlands deshalb mitbestimmen. Nur so kann ein Frieden in der Region und die Sicherheit Israels und Palästinas gewährleistet werden.