Begründung und Quellen zum offenen Brief „Erhalt und Sanierung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide“


Das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße ist mit der pädiatrischen Versorgung der Stadtteile verwachsen

Das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße ist eines der größten Kinderkrankenhäuser Deutschlands mit 204 somatischen Betten, wovon 64 Betten im neu eröffneten F-Trakt stehen (4 Etagen, Investitionen 30 Mio. €). Die Klinik wird weit über die Stadt Köln hinaus geschätzt. Sie versorgt nicht nur den dicht besiedelten Kölner Nordwesten mit dem strukturschwachen Bezirk Chorweiler und den Bezirk Mülheim, sondern auch Kinder, die aus dem Bergischen Land und der Eifel kommen. 

Jährlich werden etwa 10.000 Kinder und Jugendliche stationär betreut, davon 5000 operativ behandelt, sowie 19.000 in der kinderheilkundlichen Notfallambulanz und 15.000 in der Notfallambulanz für Kinderchirurgie versorgt. Dazu kommen die Behandlungen in der Kinderärztlichen Notdienst-Praxis (4).

Der Standort der Kinderklinik ist hervorragend. Sie befindet sich wohnortnah, zentral inmitten der bevölkerungs- und kinderreichen Bezirke Nippes, Ehrenfeld, Chorweiler und nördliche Altstadt. Sie ist mit Nahverkehrsmitteln bestens erreichbar und an die Achsen des Straßenverkehrs angeschlossen. Sie hat sich seit 60 Jahren mit dem Bedarf entwickelt und ist mit den regionalen Gesundheitseinrichtungen vernetzt. Diese Strukturen sollten erhalten werden! Das Gutachten von Ernst und Young 2019 hat die Sanierungsfähigkeit belegt.

Die Schließung der Klinik bedeutet gleichzeitig den Verlust der Kinderärztlichen Notdienstpraxis Köln-Riehl. Die Einrichtung von Notdienstpraxen als Portalpraxen mit einer gemeinsamen Annahmetheke für die Praxis und die Krankenhaus-Ambulanz durch die Kassenärztlichen Vereinigungen ist sinnvoll. Wird die Kinderklinik in Merheim neu gebaut, dann wird auch die Notdienstpraxis dort eingerichtet. Eine Kindernotdienstpraxis für den Kölner Norden im schlecht erreichbaren Merheim ist eine schmerzliche Verschlechterung. 

Im Jahr 2022 wurden in den Kölner geburtshilflichen Einrichtungen 12.646 Geburten verzeichnet. Davon kamen 8594 Kinder linksrheinisch zur Welt (68,0 %) (5). Die geplante Kinderklinik in Merheim wird den Transportweg von Neugeborenen deutlich verlängern. 

Nachhaltigkeit bedeutet kurze Wege! Dies erfordert regionale Versorgungsstrukturen und keine Zentralisierung! Im Sinne des Klimaschutzes sollten Gebäude nicht abgerissen und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Zudem ist das Ronald McDonald Haus als Unterkunft von Familien schwerstkranker Kinder erst 15 Jahre alt. Es wurde von vielen Spendern finanziert und sollte dringend erhalten werden.

Es ist vorhersehbar, dass Eltern mit Ihren Kindern die deutlich besser erreichbare Uniklinik aufsuchen werden.  Bei den dort nur 120 vorhandenen Betten wird eine schon jetzt absehbare Überlastung der Versorgungsstrukturen im Kölner Süden entstehen.

Die Versorgung im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße ist von einer besonderen Hinwendung zu den jungen Patient*innen geprägt. Diese gewachsene Behandlungskultur kann man nicht nach Merheim „umziehen“. Das medizinische System „Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße“ beruht auf der Zusammenarbeit der Mitarbeiter*innen und der Kooperation mit der Region. Eindrücken zufolge werden höchstens die Hälfte der Mitarbeiter*innen zum geplanten Termin 2032 nach Merheim wechseln.

Das Krankenhaus Holweide bietet ortsnahe Schwerpunktversorgung

In seinen 8 Fachabteilungen mit 407 Planbetten werden jährlich ca. 10.000 Patienten stationär und 37.000 Patienten ambulant behandelt. (6). Neben einer großen geburtshilflichen Abteilung (1527 Geburten in 2022) ist besonders das Brustzentrum über die Stadt hinaus geschätzt. Das Krankenhaus Köln-Holweide findet sich als regionales Top–Krankenhaus auf der FOCUS-Klinikliste 2023.

Der Standort in Holweide ist mit den Nahverkehrsmitteln gut erreichbar und liegt im bevölkerungsreichen Stadtbezirk Mülheim. Zum Krankenhaus Merheim mit Umsteigen braucht man den zwei- bis dreifacher Zeitbedarf. Leider wurde die chirurgische Ambulanz bereits nach Merheim verlegt. Im Bezirk Mülheim besteht nun eine Unterversorgung in ambulanter Chirurgie. 

Die 5., 6. und 8B-Etage des Krankenhauses Holweide sind bereits aufwendig saniert. Die Nutzung der sanierten Bereiche bis 2032 mit der Krankenhausschließung zu beenden, ist nicht nachhaltig. Die Schließung des großen Krankenhauses wird einen deutlichen Engpass in der stationären Patientenversorgung bewirken. Schon heute häufen sich die Tage, an denen Kölner Krankenhäuser sich wegen hoher Belegung beim Rettungsdienst abmelden müssen.

Kölns Krankenhaus-Planung ist teuer und unverantwortlich – das Geld für die neue Klinik ist eigentlich nicht da

Die Stadt Köln hat ihre Kliniken mit 533,2 Mio. € aus eigenen Rücklagen gerettet – obwohl sie selbst hoch verschuldet ist und weitere jährliche Schulden von etwa 400 Mio. € auflaufen. Eigentlich müssten Bund und Land für Investitionen aufkommen, doch der Bund hat sich 1984 aus der Finanzierung zurückgezogen, und NRW hat in den letzten 12 Jahren rund 340 Mio. € nicht gezahlt (7,8,9).

Um überleben zu können, mussten die Kliniken fast 70 % ihrer Investitionen selbst stemmen – aus Geldern, die eigentlich für Behandlungen gedacht sind, oder durch Darlehen. Gleichzeitig sind die Zahlungen der Krankenkassen zu niedrig, um die steigenden Kosten zu decken.

Trotz dieser Misswirtschaft plant die Stadt, jetzt noch eine Milliarde Euro in ein einziges Krankenhaus in Merheim zu stecken und dafür zwei andere Standorte zu schließen. Das gefährdet die wohnortnahe Gesundheitsversorgung und erhöht die Belastung für Patient*innen und Personal. Statt einer nachhaltigen Lösung setzt Köln auf eine teure und riskante Fehlentscheidung.

Bereits 2026 sollen weitere Stationen aus Holweide und Kinderstationen aus Riehl nach Merheim verlegt werden. Die Versorgung in beiden Kliniken wird lange vor dem Baubeginn der geplanten Kinderklinik in Merheim über Jahre zersplittert.

Quellen

  1. Beschlussantrag 0551/2023 OB Reker angenommen vom Stadtrat am 15.6.2023 (Download): https://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp?__kvonr=113485
  2. Petition V. Fux: https://weact.campact.de/petitions/keine-schliessung-des-kinderkrankenhauses-amsterdamer-strasse-und-des-krankenhauses-holweide-1
  3. https://www.mags.nrw/gesundheitsministerium-foerdert-den-hochsauerlandkreis-und-die-stadt-koeln-als-gesundheitsregionen
  4. Homepage Kliniken der Stadt Köln: https://www.kliniken-koeln.de/Kinderkrankenhaus_Index.htm?ActiveID=156o
  5. Klinikführer 2023 Känguru (Download), Eingabe in die Suchmaschine: https://www.kaenguru-online.de › files › Kaenguru › Themen › Rund ums Baby › Klinikführer ›
  6. Wikipedia. Kliniken der Stadt Köln: https://de.wikipedia.org/wiki/Kliniken_der_Stadt_K%C3%B6ln#Umsatz
  7. Aktionsbündnis Kölner Klinikretter, Fakten, Die Krise der Städtischen Kliniken, 23.9.2024: https://www.koelnerklinikretter.de/
  8. Augurzky, Boris u.a.: Krankenhaus Rating Report 2023. Medhochzwei, Heidelberg. S. 15
  9. Ausführliche Dokumentation: https://medicol.de/dokumentation-vorenthaltene-nrw-investitionsmittel-fuer-die-kliniken-der-stadt-koeln-von-ca-340-mio-e-in-12-jahren/