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An: Kultusminister*innen der Länder und die Konferenz der Kultusminister*innen

Bildungsgerechtigkeit statt privater Profit: Alte Prüfungsaufgaben digital & frei zugänglich machen!

Auch in diesen Wochen bereiten sich wieder hunderttausende Schüler*innen auf ihre Abschlussprüfungen vor – und stellen damit die Weichen für ihre berufliche Zukunft. 

Vielleicht stehst Du ja selbst kurz vor den Prüfungen? 

Oder Ihr Kind oder Enkelkind lernt gerade für seinen Schulabschluss? 

Für die Prüfungsvorbereitung eignen sich Aufgaben und Lösungen aus den Vorjahren besonders gut. Sie zeigen den Schülerinnen, was von ihnen erwartet wird. Allerdings weigern sich die meisten Bundesländer, die alten Aufgaben frei, digital und öffentlich zur Verfügung zu stellen – angeblich steht dem das Urheberrecht im Weg. Ob und wie Schülerinnen überhaupt an Aufgaben und Lösungen aus den Vorjahren kommen, ist in allen Bundesländern unterschiedlich. In mindestens acht Bundesländern, so unsere Recherchen, verschenken oder verkaufen Kultusministerien die Lizenz, die Aufgaben zu veröffentlichen, sogar an Verlage. Aufgaben, die immerhin mit öffentlichen Mitteln erstellt wurden.

Mit dieser Ungerechtigkeit muss Schluss sein! Schüler*innen aller Schulformen und aus allen Bundesländern haben das gleiche Recht, sich selbstständig mit frei zugänglichen Aufgaben aus Vorjahren auf eine der entscheidendsten Prüfungen ihres Lebens vorzubereiten.

Daher fordern wir von den Kultusminister*innen der Länder: Geben Sie die Aufgaben frei – einfach, öffentlich und online!

Warum ist das wichtig?

  1. Bildungsungerechtigkeit ist in Deutschland ein großes Problem.[1] Seit Jahren kritisieren Expertinnen, dass der Erfolg im Schulsystem stark vom Bildungsgrad der Eltern und der ökonomischen Herkunft abhängt. Das liegt auch daran, dass Schülerinnen aus wohlhabenden Familien und deren Eltern mehr in Bildung investieren können.
  2. Davon profitieren Verlage, die Übungshefte für Abschlussprüfungen verkaufen. Zahlreiche Kultusministerien verkaufen ihnen die Lizenz, Aufgaben aus Vorjahren zu veröffentlichen, für wenig Geld – oder erteilen sie kostenlos. Die Verlage machen mit dem Verkauf der Vorbereitungshefte ordentlich Umsatz. Und zwar auch deshalb, weil sie damit werben können, Originalaufgaben aus Vorjahren in den Heften zu haben. Der Marktführer im Bereich der Prüfungsaufgaben ist der STARK-Verlag: Dort machte der Verlag mit den roten Vorbereitungsheften laut Bundesanzeiger im Jahr 2021 ganze 82 Prozent des Gesamtgeschäftes. [2] Wir kritisieren grundsätzlich das Modell u.a. mit Original-Abituraufgaben Geld zu erwirtschaften. Die Aufgaben wurden mit öffentlichen Mitteln erstellt. Wir meinen: Sie müssen daher auch öffentlich und frei verfügbar sein. Ein starker Start ins Berufsleben darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.
  3. Ob und wie Schülerinnen an Aufgaben aus Vorjahren kommen können, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Rheinland-Pfalz gibt es nur Abiturprüfungen. Aufgaben für Mathematik, Deutsch, Englisch und Französisch werden zentral für alle Bundesländer erstellt. Sie sind für Schülerinnen bundesweit digital und frei zugänglich. Aufgaben für andere Fächer werden in Rheinland-Pfalz individuell von Lehrerinnen entwickelt. Es ist ihnen oder den einzelnen Schulen überlassen, ob und wie Schülerinnen Zugang zu Aufgaben aus Vorjahren erhalten. 

• In Thüringen weigert man sich mit Verweis auf eine spezielle Einschränkung im Transparenzgesetz gänzlich, Informationen zur Nutzung von Prüfungsmaterialien zu erteilen. 
• In Berlin heißt es nur vage, dass „auch die Bearbeitung von Prüfungsaufgaben aus Vorjahren“ im Unterricht erfolgt. Wie genau das aussieht und wie die Schülerinnen Zugang zu den Aufgaben erhalten, teilte der Senat nicht mit. 
• In Nordrhein-Westfalen liegen Aufgaben aus Vorjahren in einem passwortgeschützten Bereich. Den Zugang hierfür können Schüler
innen von der Schulleitung bekommen. 
• In Baden-Württemberg und Hessen erhalten Schulen die Prüfungen aus dem Vorjahr – ob und wie diese bei den Schülerinnen ankommen und von ihnen selbstständig genutzt werden können, ist unklar.
• Dass es geht, zeigt etwa Niedersachsen. Dort können sich Schüler
innen seit 2019 auf das Abitur [3], den Haupt- und den Realschulabschluss [4] mit den vergangenen Aufgaben und Lösungserwartungen zu allen Prüfungsfächern selbstständig vorbereiten. Das Kultusministerium macht sie im Bildungsportal Niedersachsen einfach, online und frei zugänglich. 
• Auch in Schleswig-Holstein bekommen Schüler*innen Aufgaben und Leistungserwartungen aus Vorjahren einfach im Netz.[5] Das zeigt auch, dass ein häufig genanntes Argument gegen eine Veröffentlichung – das Urheberrecht – dem nicht im Wege stehen muss. In beiden Bundesländern werden Drittmaterialien wie Romanausschnitte, Artikel oder Statistiken und Grafiken, die in Prüfungen verwendet wurden, mit abgedruckt, verlinkt, geschwärzt und mit Quellen- bzw. Seitenangabe genannt oder es werden frei lizenzierte Drittmaterialien für Prüfungen genutzt.

Nur Abiturientinnen können Aufgaben und Lösungen aus Vorjahren digital und frei einsehen – aber nur für Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik und ohne zu wissen, ob die zentral erstellten Aufgaben an ihrer Schule auch zum Einsatz kamen. Wir finden dieses Chaos kann man Schülerinnen nicht zumuten! Damit alle künftig gleichermaßen einfach und selbstständig auf Prüfungsaufgaben zugreifen können, fordern wir: Geben Sie die Prüfungen digital und öffentlich frei – und hören Sie auf, mit öffentlichen Mitteln finanzierte Inhalte an Verlage abzugeben!

Quellen:

[1] Grafiken: Bildungsungleichheit, Bundeszentrale für politische Bildung

[2] Der Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2021 (Veröffentlichungsdatum 4.1.2023) ist über die Publikationensuche des Bundesanzeigers zu finden und kostenlos einsehbar

[3] Schriftliche Abituraufgaben, Niedersächsisches Kultusministerium

[4] Aufgaben der schriftlichen Abschlussarbeiten, Niedersächsisches Kultusministerium

[5] Zentrale Abschlüsse an allgemeinbildenden Schulen in Schleswig-Holstein, Landesregierung Schleswig-Holstein

Wie die Unterschriften übergeben werden

Wir werden die Petition bei der nächsten Kultusministerkonferenz im Juni überreichen.

Links

Neuigkeiten

2024-07-23 14:40:57 +0200

Aufgrund einer Beschwerde des im Abschnitt "Warum ist das wichtig" des Petitionstextes exemplarisch genannten Verlages wurde dort eine Formulierung angepasst - ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung.

2024-04-24 15:18:00 +0200

50,000 Unterschriften erreicht

2024-04-18 17:26:43 +0200

20,000 Unterschriften erreicht

2024-04-04 16:28:15 +0200

10,000 Unterschriften erreicht

2024-03-28 20:55:48 +0100

5,000 Unterschriften erreicht

2024-03-28 12:22:55 +0100

1,000 Unterschriften erreicht

2024-03-28 12:02:56 +0100

500 Unterschriften erreicht

2024-03-28 10:58:31 +0100

100 Unterschriften erreicht

2024-03-28 10:32:38 +0100

50 Unterschriften erreicht

2024-03-28 10:22:14 +0100

25 Unterschriften erreicht

2024-03-28 10:13:57 +0100

10 Unterschriften erreicht