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An: Bundesbauminister Horst Seehofer sowie Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil

Mehr Unterstützung sowie Sozialwohnraum zur Reduzierung der Obdachlosenzahlen

Mehr kostengünstigen Wohnraum sowie niedrigschwellige Unterstützung für Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind bzw. kein Obdach mehr haben.

Warum ist das wichtig?

Menschen, die obdachlos gemeldet sind, werden auf mehreren Ebenen entrechtet und sehen sich ständiger Diskriminierung ausgesetzt. So dürfen sie zum Beispiel nicht länger als zwei Tage ohne Absprache der zugewiesenen Unterkunft fernbleiben, ohne ihren BürgerInnen-Status einzubüßen, sie werden von öffentlichen Plätzen vertrieben, finden ohne Job keine Wohnung und ohne Wohnung keinen Job. Perfiderweise werden sie darüber hinaus noch selbst für ihre Situation verantwortlich gemacht.

Vermieter möchten gerne Mieter, die eine feste Arbeitsstelle haben und Arbeitnehmer möchten gerne Menschen beschäftigen, die einen festen Wohnsitz haben. Es schließt sich ein Kreislauf, aus dem Menschen ohne Verständnis und Hilfe von außen nur schwer wieder herauskommen.

In der Innenstadt wurden meine beiden Kleinsten Zeugen, wie zwei ausgewachsene Polizisten auf einer schmalen Frau saßen, der sie die Hände auf den Rücken gedreht hatten und die laut um Hilfe schrie. Die Passanten kamen angelaufen und sagten Dinge wie: "Da hat jemand um Hilfe gerufen?! - Ach, die Polizei ist ja schon da!" Auf Nachfragen erfuhren wir, dass es sich um eine Obdachlose handelte, die sich auf den Stufen vor einem "Privatgebäude" niedergelassen hatte und sich weigerte zu gehen.
Seitdem machen mich meine Kinder ständig auf Obdachlose Menschen aufmerksam, die irgendwo verscheucht werden oder „herumliegen“. Kürzlich an der Eisdiele erwarb ein Mann mit schmutziger Kleidung und einer Krücke ein Eis, das er sich zuvor zusammenschnorrte. Er setzte sich damit, sichtlich zufrieden, in einen Durchgang und es dauerte maximal drei Minuten, bis er aufgefordert wurde, den Platz zu verlassen. Wir machten den Test. Uns forderte niemand zum Gehen auf.

Deutschlandweit sind über 650.000 Menschen obdachlos gemeldet, also nicht ohne Obdach, sondern ohne eigenen adäquaten Wohnraum, mehr als 40.000 Menschen leben komplett auf der Straße.
Der „Obdachlose“ ist nicht der durchgeknallte, versiffte, betrunkene, alte Mann, der es nicht geschafft hat, es sind Menschen wie Du und ich, darunter Kinder, Menschen aller Altersgruppen. Alleine in Karlsruhe sind rund siebzig Familien mit Kindern obdachlos gemeldet, eine eigene Bleibe ist nicht in Sicht.

Zudem sind die Mietpreise in den letzten Jahren horrend gestiegen, Sozialwohnungen wurden größtenteils privatisiert oder werden bewohnt von Menschen, die sie mittlerweile nicht mehr nötig hätten, vermutlich aber aufgrund von Wohnraummangel auch keine Alternative finden.

Das Wort Obdachlosigkeit löst bei den Mitmenschen verschiedene Prozesse aus, worauf sich viele ängstlich abwenden, andere ungefragt versuchen zu helfen, sich dabei aber scheinbar selbst völlig hilflos fühlen. Es führt ihnen das Scheiternkönnen, ja den Tod selbst vor Augen, dass wir nichts mitnehmen können und dass es jeden treffen kann.

Wir (meine drei Kinder und ich) sind selbst obdachlos gemeldet, seitdem wir aus NRW nach Karlsruhe zogen, da ich eine Stelle bei der Stadt angenommen hatte. Ende Januar platzte eine feste Wohnungszusage - die anderen Eigentümer verwehrten sich gegen den Einzug dreier Kinder. Voller Energie und guter Dinge zogen wir trotzdem runter, fanden sogleich zwei Kitaplätze und nach langer Suche eine passende Schule für meinen Großen, jedoch keine Wohnung.
Dafür gab es mehrere Gründe: Probezeit, Alleinerziehend-Sein, drei Kinder, hohe Mietpreise, großer Andrang.
Eine 3,5-Zimmer-Wohnung wird in Karlsruhe häufig nur an ein Paar mit maximal einem Kind vermietet, was bereits so in der Wohnungsbeschreibung steht und auch keine Diskussionsgrundlage darstellt.

Nicht zuletzt aufgrund von Obdachlosigkeit bin ich schließlich meine Arbeitsstelle bei der Sozialbehörde losgeworden, denn eine Person, die durch ihre offensichtliche Hilfebedürftigkeit selbst Hilfebedürftigkeit ausstrahlt, auch wenn sie diese Hilfebedürftigkeit selbst nicht als solche empfindet, "kann anderen keine Stütze sein".

Obwohl ich sehr resilient bin, ist es harte Arbeit, ständig gegen Vorurteile anzurennen und die Mitleidsbekundungen anderer Menschen als nicht übergriffig zu empfinden. Ich würde soweit gehen, zu sagen, obdachlos machen Dich erst die anderen und ihre Stigmatisierung. Bis dahin ist es nicht mehr als ein Wort und eine Übergangssituation.

Was fehlt:
- Aufklärung innerhalb der Bevölkerung – Obdachlosigkeit ist nicht ansteckend
- leicht zugängliche (finanzielle) Hilfen für „Hilfebedürftige“ (nicht etwa Kindergelderhöhung zur Eingrenzung von Kinderarmut, um es hintenrum heimlich über Hartz IV wieder abzuziehen)
- Transparenz der Unterstützungsangebote und Rechte sowie bessere Zugänglichkeit zu Hilfen für hilfebedürftige und obdachlose Menschen
- Senkung der Mietpreise, Stopp der Gentrifizierung und somit ein Ende des Ausverkaufs unserer Städte
- Bau von Sozialwohnungen
- Ende von Leerstand
- politische Unterstützung von Tauschringen, Nachbarschaftshilfen oder Komplementärwährungen sowie deren Unantastbarkeit durch Ämter, etwa das Jobcenter
- Schutz obdachloser Menschen vor ständiger Vertreibung, Diskriminierung und Polizeigewalt

Neuigkeiten

2021-07-31 17:08:15 +0200

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2020-07-04 16:49:30 +0200

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