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An: Alle Justizminister*innen der Bundesländer

Justizversagen: Arme Menschen müssen zu Unrecht doppelt so lang ins Gefängnis! Begnadigungen jetzt!

Justizminister Buschmann wollte zum 1. Oktober die Haftzeit für Menschen halbieren, die wegen Armut im Gefängnis sitzen. Wegen IT Problemen (!!!) in Bayern wurde diese Reform jetzt bundesweit um 4 Monate verschoben auf den 1. Februar 2024.

Das heißt, dass von Armut betroffene Menschen entgegen dem Gesetz jetzt doppelt so lange ins Gefängnis müssen. Was für eine Bankrotterklärung für die deutsche Justiz!

Deshalb fordern wir Begnadigungen für alle betroffenen Menschen jetzt!

Rechtsanwalt und ehemaliger Gefängnisleiter Dr. Thomas Galli dazu:
„In den 15 Jahren, die ich in der Gefängnisleitung gearbeitet habe, haben mich die Ersatzfreiheitsstrafen am meisten schockiert. Hilfsbedürftige Menschen werden hier von ihren Familien getrennt, verlieren ihre Jobs und Wohnungen und ihre Lage verschlimmert sich durch die Haft auf allen Ebenen. Viele denken an, oder begehen sogar Selbstmord. Vor Allem die Weihnachtszeit und die Trennung von Familie ist für die zu unrecht Inhaftierten die traurigste Zeit des Jahres. Da werden Mütter von ihren jungen Kindern getrennt, weil sie sich das Straßenbahn Ticket nicht leisten konnten. Dass die Bundesländer diese Menschen jetzt noch länger inhaftieren, weil die Bayerische-IT die Ersatzfreiheitsstrafen nicht durch zwei teilen kann ist ihre endgültige Bankrotterklärung. Deshalb fordern wir Gnadenerlasse! Lasst alle Menschen frei, die bis zum 1.2.2024 eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen sollen - und zwar JETZT!“

Warum ist das wichtig?

Rund 56.000 Menschen müssen jedes Jahr für minimale Armuts-Vergehen ins Gefängnis – z.B. weil sie Tickets für Bus und Bahn und die folgenden Geldstrafen nicht bezahlen können. Dieses System der Ersatzfreiheitsstrafen trifft vor allem arme, kranke und obdachlose Menschen, die statt Gefängnisaufenthalten eigentlich staatliche Unterstützung benötigen. Sie sitzen vor allem wegen der ungerechten Verteilung von Wohlstand hinter Gittern.

Selbst die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafen per Reform führt auch am eigentlichen Problem vorbei, weil die Menschen ja immer noch aus ihren sozialen Beziehungen gerissen werden, nur eben halb so lang. Trotzdem droht ihnen z.T. der Verlust von Arbeit, Wohnung, oder Therapieplatz, weil sie z.B. das Ticket zum Arzt nicht bezahlen können. Der verursachte „Schaden“ liegt hier oft bei wenigen Euro und die Kosten für diese ungerechten Strafen für die Steuerzahlenden liegen bei mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr.

Im Gegensatz dazu müssen Manager für Betrug und Skandale oftmals gar nicht ins Gefängnis und den Preis zahlt die gesamte Gesellschaft. Dieses System von Klassenjustiz ist massiv ungerecht und Begnadigungen sind das Mindeste. Das durch Begnadigungen gesparte Geld könnte z.B. für günstigeren öffentlichen Nahverkehr, mehr soziale Arbeit, oder gegen Kinderarmut eingesetzt werden.

Wer kann hier was tun?

Die Justizminister*innen einiger Bundesländer machen jedes Jahr zu Weihnachten Gnadenerlasse. Wir fordern jetzt diese auszuweiten und alle Menschen, die von der verlängerten Ersatzfreiheitsstrafe betroffen sind, so schnell wie möglich zu begnadigen.

Wir haben solche Begnadigungen bei Justizministerien der Länder angefragt. Die häufigste Antwort: das sei "zu viel Arbeit"! Erst machen sie ihre Arbeit nicht, was die IT angeht, und jetzt ist ihnen das zu viel? Wofür sind die Justizministerien denn sonst da? Die Leidtragenden sind mal wieder die zu Unrecht Inhaftierten. Wenn die Begnadigung Arbeit macht, dann ist das eben so. Jeden Tag nach dem 1. Oktober, an dem diese Menschen im Gefängnis sitzen, ist ein Tag zu viel!

Das ist nur der Anfang, danach müssen auch die Ersatzfreiheitsstrafen insgesamt und die Kriminalisierung von Armut generell abgeschafft werden.


Quellen:
Bayerns Justizministerium hat Software-Probleme: Häftlinge länger im Gefängnis , Süddeutsche Zeitung
Nagrecha, M. 2023: Bündnis zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, 17. April 2023
Gnaden-Erlasse der Landesjustizministerien: Zu Weihnachten kommt man früher aus dem Gefängnis, zu Ostern nicht, FragdenStaat


Für weitere Hintergründe und Forderungen:
Justice Collective: IT-Versagen der Regierungen darf nicht zu Lasten der Gefangenen fallen
Galli, T. 2022: “Weggesperrt. Warum Gefängnisse niemandem nützen”
Steinke, R. 2022: “Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich!”

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Neuigkeiten

2023-11-22 14:13:19 +0100

Aktuelles aus der Politik:

SPD und Grüne sprechen sich mittlerweile für eine vollständige Entkriminalisierung von Fahren ohne Ticket aus, über die Reform des Paragraph 265a StGB. Das wollen auch 69% der Bevölkerung. Menschen, die sich das Ticket für Bus / Bahn nicht leisten können, sind immer noch die größte Gruppe aller großen Ankündigungen, zum Trotz lässt Justizminister Marco Buschmann aber immer noch auf sich warten. Währenddessen müssen armutsbetroffene Menschen weiterhin ins Gefängnis und sind z.T. über die Feiertage getrennt von Familie und Freundinnen. Laut Aussagen von Seelsorgerinnen, Sozialarbeitern und JVA Mitarbeiterinnen sind die Weihnachtsfeiertage die schlimmste Zeit für die meisten Inhaftierten. Die Suizidraten gehen nach oben und die Betroffenen durchleben schwere Krisen. Das alles muss ein Ende haben. Deshalb werden wir jetzt noch einmal selbst aktiv und kaufen so viele Menschen wie möglich frei.

Danke für Deine Unterstützung im Kampf für die Entkriminalisierung!

2023-11-22 14:12:27 +0100

Die Landesjustizministerien weigern sich, die Weihnachtsamnestien zu erweitern und Bayern blockiert mit den „IT-Problemen“ weiterhin die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafen. Deshalb werden wir jetzt selbst aktiv und kaufen Menschen aus dem Gefängnis frei, die wegen Armutsstrafen hinter Gittern sind: Am 5.12. ist wieder Freedom Day – die größte Gefangenenbefreiung der deutschen Geschichte.
https://www.freiheitsfonds.de/

Hier findest Du mehr Infos und Unterstützungsoptionen, damit wir noch mehr Menschen freikaufen und den Druck auf das Justizministerium erhöhen können!

2023-10-10 13:15:39 +0200

50,000 Unterschriften erreicht

2023-10-09 13:36:00 +0200

20,000 Unterschriften erreicht

2023-09-29 20:47:41 +0200

10,000 Unterschriften erreicht

2023-09-29 15:58:16 +0200

5,000 Unterschriften erreicht

2023-09-27 18:37:02 +0200

1,000 Unterschriften erreicht

2023-09-27 16:40:50 +0200

500 Unterschriften erreicht

2023-09-27 15:50:10 +0200

100 Unterschriften erreicht

2023-09-27 15:46:44 +0200

50 Unterschriften erreicht

2023-09-27 15:45:31 +0200

25 Unterschriften erreicht

2023-09-27 15:44:18 +0200

10 Unterschriften erreicht