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An: Boris Pistorius, Landesinnenminister Niedersachsen; Stephan Weil, Ministerpräsident Niedersachsen

Sichere Fluchtwege, Humanitäre Aufnahme und Bleiberecht für Afghan*innen in Niedersachsen!

Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan spitzt sich die Lage immer dramatischer zu. Berichte der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte untermalen die Notlage der afghanischen Zivilbevölkerung und zeigen ein Bild des Schreckens: Die Rechte von Frauen und Mädchen werden massiv eingeschränkt, Minderjährige zum Waffendienst beordert und Massenhinrichtungen finden statt [1]. Vor allem Frauen und LGTBQI+, ethnische und religiöse Minderheiten wie auch Aktivist*innen und Journalist*innen, die sich für eine offene und demokratische Gesellschaft eingesetzt oder als Ortskräfte für die deutsche Bundeswehr gearbeitet haben, sind der Brutalität und Willkür der Taliban schutzlos ausgeliefert.

Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftliche Initiativen haben seit Monaten darauf hingewiesen, dass das Auswärtige Amt die Sicherheitslage in Afghanistan falsch einschätzt oder beschönigt. Aufgrund dieser falschen Einschätzungen wurden in Niedersachsen im Juli noch Menschen nach Afghanistan abgeschoben [2]. Afghan*innen, die in Deutschland sind, wurde eine sichere Bleibeperspektive sowie das Recht auf Familienzusammenführung verwehrt. Die deutsche Bundesregierung hat die Visaverfahren und Ausreise von Ortskräften hinausgezögert. Und selbst jetzt haben längst nicht alle Ortskräfte und vulnerablen Personen nach deutscher Regelung überhaupt Anspruch auf eine Evakuierung. Deshalb sitzen nun Menschen in lebensbedrohlicher Lage in Afghanistan fest, die längst in Sicherheit sein könnten.

Angesichts der sozialen und politischen Katastrophe in Afghanistan fordern wir von der Niedersächsischen Landesregierung:

  • Niedersachsen muss die Anzahl der zur Verfügung gestellten Plätze für geflüchtete Menschen massiv erhöhen.

  • Ein Landesaufnahmeprogramm Afghanistan für vulnerable und für gefährdete Gruppen, insbesondere Frauen und Kinder, kritische Journalist*innen und Wissenschaftler*innen, Frauen- und Menschenrechtsaktivist*innen, Ortskräfte, Autor*innen, Künstler*innen sowie Angehörige religiöser, ethnischer und sexueller Minderheiten. Auch aus Deutschland abgeschobene Personen sind in besonderem Maße einer Gefährdung durch die Taliban ausgesetzt und müssen in den Landesaufnahmeprogrammen berücksichtigt werden. [3]

  • Auch nach endgültigem Truppenabzug und Ende der Luftbrücke müssen sichere Fluchtwege aus Afghanistan geschaffen und aufrecht erhalten werden.

  • Die sofortige Erteilung von humanitären Aufenthaltserlaubnissen für alle afghanischen Niedersächs*innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, da eine Rückkehr ausgeschlossen ist.

  • Den sofortigen Stopp der Dublin-Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger von Niedersachsen aus in andere EU-Staaten.

  • Einen schnellen und unbürokratischen Familiennachzug von in Niedersachsen lebenden Afghan*innen.

  • Sich auch im Bund für ein Bundesaufnahmeprogramm einzusetzen, um Menschen in Sicherheit zu bringen.

  • Innerhalb Niedersachsens muss allen aufgenommenen Menschen menschenwürdiges Wohnen ermöglicht werden. Gerade marginalisierte Personen, wie Frauen und Queere Menschen, müssen besonders geschützt untergebracht werden.

  • Die Ausländerbehörden müssen verpflichtet werden, Arbeitsverbote und andere Sanktionen gegenüber afghanischen Staatsangehörigen vollständig aufzuheben.

  • Die zeitnahe Überprüfung der fehlerhaften Asylablehnungen durch das BAMF.

Warum ist das wichtig?

Niedersachsen hat zwar bereits zugesichert, als Soforthilfe bis zu 500 Menschen aus Afghanistan aufzunehmen [4]. Doch angesichts der unvorstellbaren Menschenrechtsverletzungen, die in Afghanistan stattfinden, reicht das nicht: In Niedersachsen haben sich mehr als 50 Kommunen zu Sicheren Häfen erklärt [5]. Die Landesregierung ist jetzt dazu angehalten, zügig dieser Aufnahmebereitschaft nachzukommen, mehr Kapazitäten zur Verfügung zu stellen und dies entsprechend dem Bundesinnenministerium zu kommunizieren.

Die deutsche Bundesregierung hat Menschen in Afghanistan blind einer lebensgefährlichen Situation ausgeliefert und statt Verantwortung zu übernehmen, dienen die Konzepte von Bürokratie und Ordnung als rassistisches Mittel, die Zahl der Geflüchteten zu minimieren. Im Wahljahr 2021 möchte vor allem die Union keine Wählerinnen-Stimmen verlieren und instrumentalisiert daher die lebensbedrohliche Situation tausender Afghaninnen [6]. Durch die Problematisierung und Minimierung von Asylgesuchen folgt sie der absurden und menschenverachtenden Logik von Rechtspopulist*innen.

Deutschland und Niedersachsen müssen sich zum universellen Menschenrecht auf Flucht, Leben und Sicherheit bekennen und jetzt handeln: Es müssen so viele schutzsuchende Menschen wie möglich aufgenommen werden! Die Infrastruktur dafür ist gegeben und muss genutzt werden. Es ist untragbar, dass Menschen in Afghanistan für das deutsche Militär gearbeitet haben und jetzt von der Bundesregierung im Stich gelassen werden. Darüber hinaus darf es keine Wertung von Schutzsuchenden geben: Ob Menschen aufgrund ihres früheren Arbeitsverhältnisses oder wegen ihrer Sexualität, ihres Genders, ihrer Religion und ihrer Art zu leben gefährdet sind, darf keine Rolle bei der Aufnahme spielen. Alle Gefährdeten müssen unverzüglich ihr Grundrecht auf Asyl wahrnehmen können. Menschen sind Menschen, egal welcher Nationalität sie angehören.

Gezeichnet von der Seebrücke Niedersachsen
Seebrücke Braunschweig
Seebrücke Göttingen
Seebrücke Lingen
Seebrücke Osnabrück
Seebrücke Hannover
Seebrücke Oldenburg
Seebrücke Lüneburg

Quellen:
[1] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/un-afghanistan-menschenrechtsverletzungen-101.html; Zugriff: 26.08.2021
[2] https://www.nds-fluerat.org/49757/aktuelles/erneute-sammelabschiebung-aus-hannover-nach-afghanistan/; Zugriff: 26.08.2021
[3] Für Hintergründe: https://www.nds-fluerat.org/50349/aktuelles/afghanistan-fuer-ein-niedersaechsisches-landesaufnahmeprogramm/ Zugriff: 26.08.2021
[4] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Gefluechtete-aus-Afghanistan-Erste-Station-Friedland,afghanistan1174.html; Zugriff: 26.08.21
[5] https://www.nds-fluerat.org/aktionen/sichererhafen/sichere-haefen-niedersachsen/ ; Zugriff: 26.08.21
[6] https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-904957.html ; Zugriff: 26.08.21

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